Das Dossier Sarrazin : Der Richtungswechsel der Bundesbank
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Der Konflikt zwischen der Führung der Deutschen Bundesbank und ihrem Vorstandsmitglied Thilo Sarrazin ist mit einem Paukenschlag zu Ende gegangen: Die beiden Parteien haben sich auf eine einvernehmliche Trennung geeinigt. Formal hat Sarrazin Bundespräsident Christian Wulff gebeten, ihn von seiner Aufgabe als Vorstand der Bundesbank zu entbinden. Der Bundespräsident wird diesem Wunsch entsprechen.
Im Gegenzug hat die Bundesbank nicht nur ihren Entlassungsantrag beim Bundespräsidenten zurückgezogen. Sie ist noch viel weiter gegangen. Sie hat auch ihre wertenden Äußerungen über das Verhalten Sarrazins während seiner Zeit als Vorstand zurückgezogen. Von der ursprünglich heftigen Kritik an Sarrazins Auftreten ist nun nicht nur keine Rede mehr. Es heißt es in der Mitteilung der Notenbank sogar: „Der Vorstand der Deutschen Bundesbank dankt Herrn Dr. Sarrazin für die von ihm als Mitglied des Vorstands geleistete Arbeit.“
Offene Fragen
Mit dieser Art der Trennung hat die Bundesbank Sarrazin quasi weiß gewaschen. Offensichtlich war die Bundesbank aber bereit, diese Kröte zu schlucken, um das Dossier Sarrazin ein für allemal zu beenden. Gleichwohl bleiben für die Öffentlichkeit Fragen ungeklärt. So ist zu fragen, ob Sarrazin die bis zum Ende seiner Vertragslaufzeit 2014 zustehenden Bezüge ganz oder teilweise ausbezahlt bekommt, wie es bei einer offiziell einvernehmlichen Trennung zumindest in der privaten Wirtschaft üblich wäre. Hierzu war am Donnerstagabend nichts zu erfahren.
Der Entlassungsantrag der Bundesbank war ein in der jüngeren deutschen Notenbankgeschichte einmaliger Akt. Er hatte alle Beteiligten in erhebliche Schwierigkeiten gestürzt, da es keine Erfahrungen in dieser Hinsicht gibt. Juristen waren uneins in der Frage, ob die nun zurückgezogenen Vorwürfe der Bundesbank aus rechtlicher Sicht für eine Entlassung ausreichend gewesen wären. Die Bundesbank hatte Sarrazin zuletzt jede Ressortverantwortung im Vorstand entzogen und seine Arbeitsgebiete auf andere Vorstandsmitglieder umverteilt. Die Zuständigkeit für die Suche nach einem Nachfolger dürfte auf der Ebene der Bundesländer liegen, da Sarrazin vom Bundesland Berlin nominiert worden war. Bundesbankpräsident Axel Weber hatte in der Vergangenheit vernehmliche Kritik an der Praxis der Politik geübt, altgediente Politiker in den Bundesbankvorstand zu entsenden.