Priesterweihe in Passau : Der Weg in den Himmel führt über Arbing
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Warum wird heute einer Priester? Der bayerische Bauernsohn Hermann Schächner hat sich die Gegenfrage gestellt. Die Tage von Priesterweihe und Primiz sind die Krönung dieser Entscheidung. Mit Slideshow.
Die schmale graue Katze schnürt durch das Hoftor in den Schatten. Noch steht die Sonne hoch, und wer kann, tut es dem Tier gleich. Fünfunddreißig Grad zeigt das Thermometer. Es riecht nach Kuhstall, die Fliegen summen. An die hundert Gäste warten auf die Erscheinung des Herrn. Denn so wird er in diesen Tagen immer wieder adressiert, der hochwürdige Herr Primiziant. Am Morgen hat ihn der Bischof von Passau im Dom zusammen mit vier anderen jungen Männern zum Priester geweiht. Und jetzt soll er heimkommen, der Hermann. Empfang am elterlichen Hof, so heißt der Programmpunkt in einem zweitägigen Veranstaltungsmarathon. Auf der Hügelkuppe sind Böllerschützen in Stellung gegangen, das Asphaltband der Straße flimmert und gleißt. Wann wird er kommen?

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Er ist einen langen Weg gegangen, der Bauernsohn aus dem oberbayerischen Arbing. Vorgezeichnet war ihm dieser Weg nicht, auch wenn die Eltern, gläubige Katholiken, ihm die Freiheit gaben, den Weg einzuschlagen. „Ich habe mir nicht das Messer auf die Brust gesetzt“, sagt Hermann Schächner. Vier Söhne haben die Schächners, der älteste ist gerade dabei, den stattlichen Vierseithof mit hundertachtzig Hektar Land und zwei großen Kuhställen zu übernehmen. Um das Jahr 1300 ist das Anwesen das erste Mal urkundlich erwähnt. Wir sind im Holzland, unweit nördlich des Wallfahrtsortes Altötting gelegen. Man sagt hier du zueinander, und der Vorname folgt in Wort und Schrift dem Taufnamen. Auch wenn es hier in manchen Ecken aussieht wie vor hundert Jahren, soll man sich nicht täuschen. Der Schächnerhof hat eine Photovoltaik- und eine Biogas-Anlage, man betreibt Direktvermarktung und Online-Shop. Auf dem Scheunendach kleben Solarpaneele, am Wohnhaus ein Fertigbalkon, Palmen in Töpfen und Baumarktnippes garnieren das Wohnhaus. Die Welt von gestern in der Version 2012. Herkunft ist hier ein existentielles Gefühl.
Der Zweitgeborene zeigt zunächst erwartbare Neigungen. Für Maschinen und ihr Innenleben hat er sich schon früh interessiert. Die ehemalige Lehrerin wird am Festplatz in Arbing berichten, dass der Hermann einen Preis für eine Zeichnung bekam, die einen Mähdrescher zeigte. Der wird Bauer, habe sie damals gedacht, doch schon im Alter von fünfzehn Jahren habe der begeisterte Ministrant als Berufswunsch Pfarrer angegeben. Dreizehn Jahre später ist es tatsächlich so weit; man wird nicht von einer überstürzten Entscheidung reden wollen.
Selbstbewusst und strahlend
Es ist freilich ein Schritt, den immer weniger Männer in Deutschland zu gehen bereit sind. Die ihn tun, treffen auf eine katholische Kirche, der die Auszehrung schon anzusehen ist. Seit einer Dekade fasst man immer mehr Pfarreien zu sogenannten Seelsorgeeinheiten zusammen. Einer sinkenden Priesterzahl - 2010 waren es noch gute 15 000 - steht eine wachsende Laienschar gegenüber, die im pastoralen Dienst tätig ist. Dreihundert Priesterweihen wären nötig, um den Status quo zu halten, um die hundert finden derzeit pro Jahr statt.