Zum Tod von Randy Weston : Afrikas Botschafter in Amerika
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Randy Weston wurde 92 Jahre alt. Bild: Hans Kumpf
Sein Leben lang bewies Randy Weston, was er damit meinte, wenn er sagte, dass Jazz im Grunde afrikanische Musik sei. Jetzt ist der Jazzpianist aus dem schwarzen Herzen Brooklins mit 92 Jahren gestorben.
Im Grunde ist Jazz afrikanische Musik. Keiner hat diese Botschaft mehr propagiert als der Pianist Randy Weston, der Zweimetermann aus Bedford-Stuyvesant, jenem schwarzen Herzen Brooklyns, wo sich immer schon populäre Clubs und Ballsäle befanden, es so bunt zuging wie auf einem marokkanischen Basar, heute jeder zweite Rapper herkommt und viele Künstler ihre Heimat fanden. Der Ahnenforscher Weston wollte freilich genauer wissen, wo die Ursprünge seiner Kultur liegen. Viele Jahre lebte er in Nordafrika, tauchte ein in die Musik der Gnawa aus dem Maghreb und suchte die Wurzeln von Jive und Riff, Blue Notes und Offbeat, Dirty Tones und Hot Intonation.
Was er fand, hat er wie unerschütterliche Runen in Schallplattenrillen gravieren lassen, die mehr sind als Musik. „Saga“ und „Khephera“, „The Spirits of Our Ancestors“ (mit Dizzy Gillespie und Pharoah Sanders) oder „Marrakech in the Cool of the Evening“ (solo am Klavier) wirken wie moderner Jazz mit Spuren von Wandmalereien aus den Tiefen das Atlasgebirges: aktuelle stampfende Tanzrhythmen und klingendes Archivmaterial in einem.
Begonnen hatte Weston in den fünfziger Jahren als ein von Earl Hines und Thelonious Monk beeinflusster Bebop-Pianist mit einem markanten Anschlag und vollgriffigen Harmonien. Zugleich wurde er früh schon durch seinen aus Jamaika stammenden Vater geprägt von den Back-to-Africa-Aktivitäten des Publizisten und radikalen Politikers Marcus Garvey. Erste Zeugnisse dieser Hinwendung zu afrikanischen Elementen waren die Jazz-Suite „Uhuru Africa“ sowie das nach seinem ersten Afrika-Aufenthalt in Nigeria entstandene Album „Highlife – Music from the New African Nations“. Nach seiner zweiten Afrika-Reise beschloss er im Jahr 1967, sich in Marokko niederzulassen, wo er jahrelang einen „African Rhythm Club“ in Tanger unterhielt, der amerikanischen Jazzmusikern neben afrikanischen Musikgruppen Auftrittsmöglichkeiten bot.
Mit eigenen kleinen Combos hat er immer wieder auch mit afrikanischen Musikern zusammengespielt und Aufnahmen mit marokkanischen Gnawa-Musikern herausgebracht. Auch in späteren Jahren, als er wieder in New York lebte, galt Randy Weston als „Afrikas Botschafter in Amerika“ und wurde zu vielen repräsentativen Ereignissen eingeladen, etwa zur Eröffnung der neuen Bibliotheca Alexandrina in Kairo oder auf Einladung des Erzbischofs von Canterbury zu einer Aufführung mit marokkanischen Musikern in der Kathedrale von Canterbury im Jahr 2002. Weston, der auch pädagogisch hervorgetreten ist, hat 2010 seine Autobiographie mit dem bezeichnenden Titel „African Rhythms“ veröffentlicht.
Kürzlich erschien unter dem lakonischen Titel „Sound“ als seine letzte Aufnahme ein Mitschnitt eines Solokonzerts von 2001 in Montreux. Vor zwei Jahren hat die Harvard College Library das Archiv von Randy Weston mit Hunderten von Manuskripten, Partituren, Aufnahmen, Fotos und der umfangreichen Korrespondenz, etwa mit Langston Hughes und dem Choreographen Alvin Ailey, erworben. Jetzt ist Randy Weston im Alter von zweiundneunzig Jahren in Brooklyn gestorben.