Peter Fox : Wie eine Lok auf zwei Beinen
- -Aktualisiert am
Früher nannten sie ihn Foxi - seiner roten Haare wegen: Sänger Peter Fox alias Pierre Baigorry Bild: AP
„Guten Morgen, Berlin, du kannst so hässlich sein, so dreckig und grau“ - man kann die Morgendämmerung förmlich fühlen, wenn die Streicher bedrohlich zirpen und er singt: Peter Fox. Das Geheimnis des Musikers und das seines Namens.
In Reih und Glied stehen die vier schwarzen Männer auf der Bühne, im adretten Anzug, die Trommel vor dem Bauch. Synchron wippen sie im Takt der Musik hin und her, da hört der Erste auf zu trommeln und hält seine Stöcke in die Höhe. Nun beginnt eine außergewöhnliche Bühnenshow: Erst formen sie eine Welle aus ihren Stöcken, bilden Dreiecke, kippen perfekt aufeinander abgestimmt nach links, lassen die Schlaginstrumente durch die Luft wirbeln, führen ineinanderfließende, geschmeidige Choreographien vor. Im Hintergrund spielt ein ganzes Orchester - alle in Affenmasken -, während Peter Fox seine Heimatstadt besingt. Dem Hip-Hop-Künstler aus Berlin gelingt der Spagat zwischen deutschem Sprechgesang und Streichmusik perfekt.
Das honorierte unlängst das Publikum des Bundesvision Song Contest von Stefan Raab, indem es Fox zum Sieger kürte. Und auch bei den am vergangenen Wochenende verliehenen Echo-Preisen war Peter Fox mit gleich drei Preisen erfolgreich. Und tatsächlich: Der Frontmann der Dancehall-Gruppe Seeed, die im Moment eine kreative Pause einlegt, hat mit „Stadtaffe“ ein grandioses Soloalbum herausgebracht: textlich auf hohem Niveau und exzellent produziert.
„Guten Morgen, Berlin, du kannst so hässlich sein, so dreckig und grau“
Seine Musik ist beinahe minimalistisch, die meisten Lieder kommen mit Streichern und Percussions aus. Aus vielen Hip-Hop-Songs kennt man nur eintönige Schlagzeugrhythmen, die vom Computer generiert wurden. Anders bei Peter Fox: Er geht weit über diese Standardbesetzung hinaus. Durch einfache, aber geniale Percussion stechen seine Songs hervor. Während Streicher in Popsongs oft für Kitsch missbraucht werden, kitzelt Peter Fox unglaublich viele verschiedene Stimmungen aus ihnen heraus. Mal sind sie staccato gespielt, klingen gefährlich, mal majestätisch und kräftig, mal tragend und langsam.
Man kann die Morgendämmerung in Berlin förmlich fühlen, wenn die Streicher bedrohlich zirpen und Fox singt: „Guten Morgen, Berlin, du kannst so hässlich sein, so dreckig und grau.“ Mit anderen Instrumenten geht der Musiker eher sparsam um: Gerade deswegen kann er mit Glocke, Triangel, Bläser und E-Gitarre so interessante Akzente setzen. Mit seiner außergewöhnlichen, klaren, leicht berlinerischen Stimme kann er in den Strophen im Sprechgesang genauso erzählen wie die einfachen, aber genialen Melodien in den Refrains singen - und dazu muss er nicht über drei Oktaven gehen. Der harmonische mehrstimmige Hintergrundgesang rundet seinen Stil ab.
Filmmusik zum Tanzen
Seine Texte sind skurril, poetisch, aber nicht unverständlich, hochgestochen oder derb. Peter Fox erlaubt sich solo Nachdenklichkeit: „Die Welt muss sich drehen, nichts kann so bleiben. Ich renn durch mein Leben wie 'ne Lok auf zwei Beinen. Ein Hund kann nicht krähen, ein Fisch kann nicht schreien, und ich kann nicht stehen bleiben, ich bin 'n rollender Stein.“ Er verwendet geniale Sprachbilder und Zitate in seinen Liedern, die von Alltagssituationen handeln. Urspünglich wollte Peter Fox nur produzieren - und jemand anderem den Gesang überlassen. Da sein Wunschkandidat Cee-Lo Green mit seiner Band „Gnarls Barkley“ gerade großen Erfolg feierte, musste er selber ans Mikrofon. Für die Streicherklänge engagierte er sogar das Babelsberger Filmorchester. Deswegen bezeichnet er sein Werk auch als „Filmmusik zum Tanzen“.
Fox, der mit bürgerlichem Name Pierre Baigorry heißt, ist mit seinem Album schon auf Platz eins gelandet, hat dreimal Gold und einmal Platin erreicht. Der Künstlername rührt daher, dass er als Kind wegen seiner roten Haare immer Foxi genannt wurde. Er selbst findet Musiker wie AC/DC, Prince und James Brown gut. So gut er auch singen kann - pfeifen geht nicht mehr, denn seit einer Virusinfektion ist eine Gesichtshälfte gelähmt. Der „Stadtaffe“ lebt mit seiner vierjährigen Tochter und seiner Familie in Berlin-Kreuzberg.