Die Schrumpfung der Welt auf die eigenen Vorlieben
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Der Musik kommt die Aufgabe zu, die Stimmung des Hörers zu bestätigen, zu verstärken oder eine neue Stimmung zu erzeugen. Was aber, wenn Algorithmen jede Stimmung bereits antizipieren? Bild: Picture-Alliance
Denn sie wissen, was wir hören wollen: Streamingdienste wie Spotify erstellen Playlists und arbeiten mit personalisierten Nutzerdaten. Das hat Folgen für unsere Geschmacksbildung.
Woche um Woche erstellt Spotify Playlists „Nur für dich“. Das sind aneinandergereihte Musiktitel in der Tradition des Mixtapes, darunter „Dein Mix der Woche“ und „Dein Release-Radar“. Aus den bisherigen Klicks ist errechnet worden, welcher Stil, welche Stimmung oder welche Atmosphäre zu bedienen sind, um dem Nutzer zu gefallen. Er muss nicht jederzeit wissen, was er hören will. Spotify weiß, was er hören will. Hier wird der Streaminganbieter zum Dienstleister, der Musik zur individuellen Bedürfnisbefriedigung heraussucht. Musik, die potentiell nicht gefällt, wird ausgeblendet. Die Algorithmen eines Streamingdienstes begründen die Hörgewohnheiten. Die Musikwahl von heute bestimmt die Vorschläge von morgen.
Das Algorithmusgeflecht wurzelt immer dichter in der Analyse, aus der das personalisierte Profil sprießt. Dem Geschmack angepasst, bekommt man mehr vom Gleichen. Je häufiger das Angebot genutzt wird, umso differenzierter werden die fremdbestimmten Vorschläge. Nur versuchen die Algorithmen keineswegs entsprechend einer Eigenfrequenz zu handeln, sondern lassen sich derart auf den Nutzer ein, dass sie am besten dessen potentiellen Musikwünschen entsprechen. Die Algorithmen bilden keinen regulierenden Gegenpol, sie sind keine synthetisierte Antithese. Für die Zeit des Hörens verkleinert sich die Welt auf Vorlieben und schrumpft auf einen persönlichen Geschmack zusammen. Was macht das mit der Musik?
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