Fettes Brot im Gespräch : „Bin ich auf dem richtigen Planeten?“
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Sind nicht mit jeder Regel der Erwachsenen einverstanden: Björn Beton (links), König Boris und Doktor Renz (rechts). Bild: Jens Herrendorf
Neuerdings als Marsianer unterwegs: Im Interview sprechen König Boris und Björn Beton von Fettes Brot über Statussymbole, Schlagerfans und den Umgang mit einer Welt, die „gerade auseinanderfällt“.
Als 2013 „3 ist eine Party“ erschien, schrieb jemand, dass Fettes Brot Musik für Arrivierte mache, für Menschen Anfang vierzig, die sich zehn Jahre zu jung kleiden. Dass das Trio auf die ernsten Fragen des Lebens hin auf den Dancefloor verwies, machte das Resümee nicht besser. Nun haben Doktor Renz, König Boris (KB) und Björn Beton (BB) nachgelegt: Als gesellschaftskritische „Teenager vom Mars“ wandern sie auf dem schmalen Grat zwischen Ernst und Unterhaltung.
Drei Erwachsene begeben sich in die heikle Lebensphase der Pubertät zurück – was hat euch denn dazu getrieben?
KB: Erst mal finden wir den Witz super, weil wir natürlich alles andere als Teenager sind. Aber auf dem Mars könnte es sein, da ticken die Uhren etwas anders. Mehr als um das Alter geht es uns bei „Teenager vom Mars“ aber um den Perspektivwechsel. Die Idee ist folgende: Wir sind drei Typen, die von einem anderen Planeten auf unsere Gesellschaft, auf unser Leben, auf das, wo wir mittendrinstecken, herabblicken. Es geht um dieses Gefühl, wenn man zwischendurch fragt: Bin ich auf dem richtigen Planeten?
BB: Wenn zum Beispiel mancher Comedian nach Jahren immer noch den selben Witz über das Rollenverständnis zwischen Mann und Frau macht, dann kann ich damit nichts anfangen. Generell komme ich mir bei vielen Regeln und Gesetzen der Erwachsenen vor, als wäre ich ein Teenager: Für mich gelten diese Gesetze nicht. Da bin ich anscheinend jünger oder moderner, und deswegen fühle ich mich da überhaupt nicht angesprochen.
Der Song „Gegenmodell“ besteht nur aus Konzepten, auf die ihr dankend verzichtet, etwa Work-Life-Balance oder Traumfrauen à la Hollywood. Ablehnen ist das eine, wisst ihr es aber besser?`
KB: Es wäre vermessen, wenn wir der Welt erzählen würden, was das richtige, gute Leben ist. Das kann vieles sein und für jeden etwas anderes, was sich nicht auf den Punkt bringen lässt. Aber die Dinge, die als erstrebenswert gelten, zu hinterfragen, ist glaube ich ganz gesund.
BB: Bei dem Lied haben wir uns überlegt, welche Gesetze der Erwachsenen für uns gelten und welche wir lieber nicht mitmachen wollen. Ich brauche zum Beispiel keine Uhr, die mir sagt, dass ich gut geschlafen habe. Das weiß ich auch so.
Entsprechend steht ihr auch zu SUVs, in „Eure Autos“ zieht ihr als autofressende Gang durch die Straßen.
KB: Wir halten Autos als Statussymbole einfach für furchtbar unmodern. Und wir haben Freude an der Provokation. Des Deutschen liebstes Kind aufzuessen und sich dabei zu überlegen, dass sich dadurch jemand angegriffen fühlt, macht uns Spaß.
BB: Ich kann dir auch verraten, wir haben das auch probiert. Aber es ist uns leider nicht bekommen.
Mit „Alle hörn jetzt Schlager“ provoziert ihr ja eine ganze Fangemeinde, „da wird man ja zum Schläger“ heißt es in dem Lied. Ist Schlager etwa der Grund allen Übels?
BB: (lacht) Ich kann dich beruhigen, so ist es nicht. Aber es ist für uns schon sehr befremdlich zu merken, dass sich ein großer Teil der Gesellschaft auf diese Musik einigen kann. Gerade, dass sich die junge Generation für etwas begeistert, wofür man sich vor einigen Jahren noch geschämt hätte, finde ich verwunderlich. Ich finde, das sagt einiges über den Zustand der Gesellschaft, wenn man sich eine heile Welt wie in den Fünfzigern herbeisehnt.
Was denn?
KB: Das ist einfach ignorant angesichts der Welt, die um uns herum gerade auseinanderfällt. Seien es brennende Asylbewerberheime oder Länder, die Pleite gehen, Kriege oder irgendwelche Umweltkatastrophen: Das einfach komplett auszublenden und so zu tun, als gäbe es das nicht, ist kein Umgang damit.