Auf Tournee: Two Gallants : Ein Herz und eine Kanone
- -Aktualisiert am
Adam Stephens spielt ein Gitarrenriff, Tyson Vogel (der Mann hinter der Haargardine) zerlegt es zu Schrott: die Two Gallants im Konzert. Bild: Tobias Müller
Sie stellen alles auf den Kopf, was man sich unter einem edlen Folkduo vorstellen könnte: Die Two Gallants berserkern auf der Bühne wie Raubritter des Rumpelrock.
Auf der Bühne ist mächtig was los, aber der Vorhang öffnet sich an diesem Abend kein einziges Mal. Zumindest nicht der Haarvorhang vor dem Gesicht von Tyson Vogel, den man ohne weiteres als einen der entsetzlichsten und zugleich rechtschaffensten Musiker der Gegenwart zu bezeichnen bereit wäre, hätte er nicht die unmittelbare Konkurrenz seines Mitstreiters Adam Stephens im kalifornischen Duo Two Gallants. Dessen Name entfaltet in Anbetracht des Auftritts eine nicht nur feine Ironie.

Redakteur im Feuilleton.
Denn mit vereinten Kräften fahren die beiden binnen weniger Minuten alles an die Wand, was sich an Erwartungen sowohl mit dem Begriff der Galanterie als auch dem des Folk-Duos verbindet. Vielmehr legen sie los wie Raubritter des Rumpelrock: Nach wenigen Takten liegen Stephens’ Gitarrenzupfmuster in Scherben, während Vogel am Schlagzeug so berserkerhaft zu Werke geht, als wollte er sie noch zu Feinstaub zermahlen. Der Wemser-Award gebührt ihm allein, in der Kategorie Doppelsynchrondreschen gibt es volle Punktzahl, und selbst im Wettbewerb mit den fiesesten Metal-Klöpplern müsste Vogels fliegende Matte keinen Vergleich scheuen.
Das Modell Simon and Garfunkel hat ausgedient
Ob man das, was sein Kollege Stephens neben dem Gitarrespielen tut, als Singen bezeichnen sollte, ist die Frage; vielleicht liegt es eher zwischen dem Klingelton „alte Hupe“ und einem andauernden Notruf, aber zumindest an Inbrunst lässt es nichts zu wünschen übrig. Vom Text versteht man nicht viel, ab und zu dringen Fetzen wie „If you got a throat I got a knife“ oder „If liquor’s a lover you know I’m a whore“ durch.
Nun hat das Modell Simon and Garfunkel ja offenbar schon länger ausgedient. Mit den White Stripes, den Black Keys und eben den Two Gallants hat sich die Kombination aus E-Gitarre und Schlagzeug scheinbar bewährt, und auch im Heidelberger Karlstorbahnhof gibt es Momente, in denen man über die Krachfülle staunt, welche die zwei Musiker damit erzeugen - „Thanks for listening to our noise“, stößt Tyson Vogel denn auch einmal dudemäßig-schnodderig hervor, als sich sein Haarschopf kurz Richtung Mikrofon bewegt.
Aber auf die Dauer fragt man sich dann eben doch, wann eigentlich der Rest der Band auf die Bühne kommt: Einen grundierenden Bass vermisst man schmerzlich, und mit dem am jüngsten Album „The Bloom And The Blight“ gewonnenen Eindruck, dass das Herz der Two Gallants in ihrer durchaus vielschichtigen Lyrik steckt, wachsen auch die Zweifel, ob die klanglich wenig konturierte Schredderperfomance dem Material gerecht wird. Einmal singen sie dann nämlich doch etwas traditioneller eine zweistimmige Ballade („Broken Eyes“) - und gleich wird es ein bisschen wärmer im Saal.