Planungsdesaster in der Hauptstadt : Berlin, schau auf deine Alten Meister!
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Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz will die Alten Meister aus Berlins Gemäldegalerie herausnehmen. So gefährdet sie ohne Not eines der kostbarsten Güter der Nation.
Vor den Staatlichen Museen in Berlin stapeln sich die Aufgaben und Probleme. Bald siebzig Jahre nach dem Krieg und mehr als zwanzig nach dem Mauerfall reißt noch immer nicht die Kette der Baustellen, Reparaturprojekte, der Umzüge und Umschichtungspläne ab: der Neubau des Schlosses, das die Preußenstiftung wesentlich nutzen und bespielen will, die Sanierung des Pergamonmuseums, das demnächst schließt, die Besucherpromenade unter der Museumsinsel, dann die Generalüberholung der Neuen Nationalgalerie Mies van der Rohes im Westen, mit der 2015 begonnen wird, die Aufgabe des Dahlemer Museumszentrums und der Umzug der „Weltkulturen“ ins Humboldt-Forum im Schloss, wo sie in noch etwas nebelhaften Inszenierungen didaktisch dressiert werden sollen. Und schließlich die bauliche Revision des Kunstgewerbemuseums am Kemperplatz, der wohl schwersten Bausünde der jüngeren Berliner Museumsgeschichte.
Dieser Aufgabenberg und seine Kosten, die sich in Milliardenhöhen schrauben werden, lassen uns, zumal in Zeiten eines zwingenden Spargebots, schwindeln. Die meisten Unternehmen sind unabdingbar, andere scheinen entbehrlich: die Erschließungspromenade unter der Insel, unklar wie das Humboldt-Forum oder sogar überflüssig und kontraproduktiv wie das jüngste Luxusprojekt, die neuerliche Umquartierung der Gemäldegalerie, ihre Rückkehr vom Kemperplatz im Westen auf die Museumsinsel, mit der uns die Preußenstiftung in diesem Sommer handstreichartig zu überrumpeln versucht.
Noch ehe die großen und notwendigen Baustellen gemeistert sind, machen die Berliner ein kostspieliges neues Fass auf. Ohne Not soll diese weltberühmte Gemäldesammlung, eines der kostbarsten Güter der Nation, Kernstück und Kronjuwel des preußischen Erbes, das im Jahrhundert der Katastrophen verborgen, verpackt, ausgelagert, geplündert, verschleppt und nach dem Krieg zerteilt wurde und erst nach 1989 seine glanzvolle Zusammenführung und Wiederauferstehung erlebte, nach nur vierzehn Jahren Dasein in einem maßgeschneiderten Neubau wieder eingepackt, zerschlagen, ins Depot verfrachtet und nur als Torso zwischen die Skulpturen des Bode-Museums geschoben werden. Vertröstet werden wir mit der Aussicht auf einen ergänzenden Neubau auf dem Kasernengelände gegenüber dem Bode-Museum. In den Sternen steht, wann dafür die wohl weit mehr als hundert Millionen fließen werden.
Wie ein Rückfall ins Nationalistische
Einen solchen Handstreich gab es bislang noch nicht. Er wirkt wie ein Nachspiel aus dem West-Berliner Subventionstreibhaus der Nachkriegszeit: Man gibt ein sehr schönes, passgenaues Haus, eine weiträumige, lichtvolle Museumskathedrale mit Kapellenkranz nach wenigen Jahren wieder auf, verwirft den erreichten Idealzustand und zieht ihm die Verschlechterung und den Abstieg vor. Denn eine Verschlechterung bedeutet der Umzug in mehrfacher Hinsicht: Notgedrungen müsste der Bilderschatz in künftig getrennten Häusern in einen südeuropäischen Teil (im Bode-Museum) und einen nordeuropäischen Teil (auf dem Kasernengelände) geteilt werden.