
Pariser Kulturpolitik : Weichenstellerin
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Die französische Kulturministerin hat derzeit einiges durchzustehen. Aber Aurélie Filipetti gewinnt in diesen Auseinandersetzungen durchaus Profil.
Der französischen Kulturministerin weht ein kalter Wind ins Gesicht. „Wozu dient Aurélie Filippetti?“ fragte „Le Monde“ schon vor ein paar Wochen. Das Sparen und Abwickeln gehört zu ihren Hausaufgaben. „Sie ist nicht schlechter als ihre Vorgänger, aber auch nicht besser“, lautete der Befund des Pariser Weltblatts. Nur hat sie es schwerer als alle Kulturminister seit dreißig Jahren: Ihr Budget wurde um fünf Prozent, 120 Millionen Euro, reduziert.
Präsident François Mitterrand und Jack Lang hatten das symbolische „Kulturprozent“ (als Anteil am Staatshaushalt) eingeführt und eine Expansion eingeleitet, welche die Rechte nie wirklich in Frage stellte. Was sich jetzt abspielt, ist mehr als ein Sparprogramm: eine Trendwende, möglicherweise eine Gegenrevolution.
Die Kulturministerin im Kleinkrieg
Zwischen der Kulturszene und den Sozialisten öffnet sich ein Graben. An den kulturpolitischen Veranstaltungen im Beiprogramm der Sommerfestivals wird laute Kritik geäußert. Noch hat sich Filippetti nicht im linken Mekka gezeigt. „Sie geht viel zu wenig ins Theater und Museum“, lästert ihr Vorgänger Frédéric Mitterrand. Die Entlassung mehrerer noch von ihm berufener Theaterdirektoren kritisiert er als Hexenjagd auf Sündenböcke.
Aus dem Amt gedrängt hat man auch einen Spitzenbeamten: Jean-François Colosimo, Leiter des Centre National du Livre (CNL). Es verteilt jährlich dreißig Millionen an Buchhändler, Schriftsteller, Übersetzer, Bibliotheken, Festivals, Verleger. Es handelt sich um das wichtigste Budget des Ministeriums.
Profilgewinn im Gegenwind
Filippetti hat gegen Colosimo, der als Autor und Verleger großes Ansehen genießt, einen Kleinkrieg geführt - bis dieser das Handtuch warf. Der Zwang zum Sparen verstärkt den Hang zur Bürokratisierung. Aber das vermeintliche Leichtgewicht Aurélie Filippetti gewinnt im rauen Gegenwind an politischem Profil. Vergangene Woche hatte die praktisch gleichaltrige Umweltschutzministerin Delphine Batho über die vergleichbaren Einsparungen bei ihrem Budget geklagt. Knall auf Fall wurde sie aus dem Kabinett geworfen. Wie die Ökologie ist auch die Kultur keine Priorität der linken Regierung.
Schon am Tag nach Bathos brutaler Entlassung gewährte Aurélie Filippetti „Le Monde“, wo man kaum Argumente für ihre Unersetzbarkeit in der Regierung gefunden hatte, ein kämpferisches Interview. Auch zu den Vorwürfen ihres Vorgängers äußert sie sich: „Mitterrand sah im Amt den Zügen nach. Ich stelle Weichen.“ Für die Kultur. Und für ihre Karriere.
