
Lage beim Hessischen Rundfunk : Pleite, aber sexy?
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Jetzt mit HR-Hintergrund: Florian Hager, der neue Intendant das Hessischen Rundfunks. Bild: dpa
Der Hessische Rundfunk hat einen neuen Intendanten. Und der Sender ist eigentlich pleite. Das macht aber nichts. Der Rundfunkrat hat keine Einwände.
Das war nett beim Hessischen Rundfunk am vergangenen Freitag. Mir nichts, dir nichts wählt der Rundfunkrat Florian Hager zum neuen Intendanten. Der gibt sich in einer kleinen Pressekonferenz hernach beglückt, freut sich und will erst mal zuhören, was die Mitarbeiterschaft denkt.
Rolf Müller, der Chef des Rundfunkrats, ist auch zufrieden, weil man nun beide hervorragenden Kandidaten, die zur Wahl standen, im Haus habe – also den zum Intendanten gewählten bisherigen stellvertretenden ARD-Programmdirektor Hager und die nicht zur Intendantin gewählte HR-Betriebsdirektorin Stephanie Weber.
Es könnte nicht besser sein, möchte man denken, zumal nach dem Patt zwischen den Kandidaten in den ersten drei Wahlrunden vor einem Monat. Wäre da nicht das doch knappe Ergebnis von 18 zu 14 Stimmen nach dreimal 16 zu 16 im zweiunddreißigköpfigen Rundfunkrat. Und wäre da nicht der nächste Tagesordnungspunkt, mit dem der Rundfunkrat zu tun hatte: die Finanzen.
Minus, Minus, Minus, macht nichts
Die sind katastrophal, aber das macht im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und insbesondere beim Hessischen Rundfunk nichts. Die „Aufwendungen“ des HR liegen dem Haushaltsplan für 2022 zufolge bei 612 Millionen Euro, die „Erträge“ bei 531 Millionen. Macht ein Minus von 81 Millionen, oder, wie der HR schreibt: „Handelsrechtlich ergibt sich daraus in Kombination mit der anhaltenden Niedrigzinsphase und dem Rückstellungsbedarf für die Altersversorgung ein Fehlbetrag in Höhe von rund 81 Millionen Euro.“
Das läppert sich: Dieses Jahr erwartet der HR laut Geschäftsbericht Erträge von 510,7 Millionen und Ausgaben von 623,2 Millionen Euro, macht ein Rekord-Minus von 112,5 Millionen. 2020 schloss der HR mit einem Malus von 90,3 Millionen Euro ab, 2019 waren es 99,58 Millionen, für 2018 wurden 76,5 Millionen, für 2017 bescheidene 58,8 Millionen Euro auf der Haben-wir-nicht-Seite notiert. Was für eine Bilanz.
Was macht der Rundfunkrat? Er stimmt dem Haushaltsplan 2022 einstimmig zu. Denn die nächste Erhöhung des Rundfunkbeitrags kommt bestimmt (die jetzige hat das Bundesverfassungsgericht gerade dekretiert) und die übernächste, und irgendwann wird es für den „Rückstellungsbedarf für die Altersversorgung“ schon reichen. Wie lautet eine polemische Zuschreibung des öffentlich-rechtlichen – Hessischen – Rundfunks? Pensionskasse mit Kabelanschluss (alias Festangestelltenparadies mit sendereigener Tankstelle).
Von innen sieht das sicherlich anders aus, wobei es einer gewissen Komik dann doch nicht entbehrte, dass Florian Hager sich nach der Wahl auch als irgendwie „Externer“ darstellte, der nun ins HR-Funkhaus einziehe. Externe haben beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk selten bis nie eine Chance, weder bei einer Intendantenwahl noch – im Fall des Hessischen Rundfunks – als freie Film- und Kulturschaffende, weil der Sender nicht nur so gut wie pleite ist, sondern auch komplett „inhouse“ produziert.
Und so richtig „extern“, wie es Florian Hager für sich reklamierte, ist man als Intendant vielleicht auch nicht, wenn man als stellvertretender ARD-Programmchef kommt und davor Gründungsgeschäftsführer von funk und Referent des Arte-Präsidenten war. Macht aber nix, der HR hatte schon immer sein eigenes Framing. „Wir sind allen Menschen in Hessen verpflichtet“, sagt der noch amtierende Intendant Manfred Krupp. Den Spruch schreiben wir uns mal auf.
Anmerkung: In einer vorhergehenden Version des Artikels war der Nachname der HR-Betriebsdirektorin Stephanie Weber falsch angegeben. Wir bedauern das Versehen.