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Neue NSA-Enthüllungen : Gibt es einen zweiten Edward Snowden?

  • -Aktualisiert am

Der „Blackwater“-Enthüller Jeremy Scahill bei einer Podiumsdiskussion mit Glenn Greenwald (Vordergrund). Rio de Janeiro, 2013 Bild: picture alliance / Demotix

Nicht jede Veröffentlichung geheimer NSA-Dokumente geht auf das Konto Edward Snowdens. Und nicht hinter jeder Enthüllung steckt ein zu allem bereiter Whistleblower. Worauf der jüngste Fall eher hindeutet.

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          Gibt es einen zweiten Whistleblower, der wie Edward Snowden Geheimnisse amerikanischer Geheimdienste verrät, sich aber nicht zu erkennen gibt? Bisher ergänzte Glenn Greenwald seine Enthüllungsberichte auf „The Intercept“ stets mit dem Quellenhinweis „Edward Snowden“. Da dieser Verweis nun in mehreren seiner Berichte ausblieb, wird spekuliert. Sogar die amerikanische Regierung beteiligt sich öffentlich daran, auch wenn die „US-Vertreter“, die die Debatte dieser Tage beispielsweise mit Journalisten von „CNN“ führten, nicht genannt werden wollen.

          Auf den zweiten Blick scheint die Sache jedoch weniger aufregend. Am Dienstag wurde auf „The Intercept“ berichtet, nach welchen Kriterien amerikanische Sicherheitsbehörden Menschen in die „Terrorist Screening Database“ aufnehmen. Zwei Wochen zuvor wurde an derselben Stelle enthüllt, nach welchen Regeln amerikanische Behörden die „No-Fly-List“ befüllen. Beide Texte stammten von Jeremy Scahill und Ryan Devereaux, zwei renommierten Journalisten. Scahill, der zu den Gründern von „The Intercept“ zählt, enthüllte 2007 die Machenschaften des privaten Sicherheitsunternehmens Blackwater“. In weiteren Büchern und Filmen dokumentierte er, wie das geheime Kommando JSOC ohne vollständige Kontrolle des amerikanischen Militärs, des Weißen Hauses und der CIA in 75 Ländern militärische Einsätze ausführt.

          280 000 Menschen ohne Grund unter Beobachtung

          Die nun enthüllten Dokumente, die zeigen, wie die amerikanischen Behörden den Krieg gegen den Terrorismus im eigenen Land führen, stehen in der Tradition von Scahills Arbeit. Es scheint sich um Rechercheleistungen eines investigativen Journalisten zu handeln, für die kein zur Selbstaufgabe entschlossener Whistleblower als Ansprechpartner notwendig wäre. Die Dokumente werden ohnehin nur als vertraulich eingestuft. Hunderttausende Mitarbeiter unterschiedlicher Sicherheitsdienste haben auf sie Zugriff und könnten sie weitergeben haben.

          Und doch steht die Enthüllung in Snowdens Tradition. Die auf Herbst 2013 datierten Dokumente zeigen abermals, dass Amerika von der Idee einer Privatsphäre nicht mehr viel hält. Vor 124 Jahren beschrieben Autoren der Harvard Law Review ein „Recht, in Ruhe gelassen zu werden“. Nun steht die Idee der Freiheit, mit der sich Amerika seit jeher schmückt im Widerspruch dazu, dass fast 50 000 Menschen nicht fliegen und damit kaum reisen dürfen und mindestens 700 000 Menschen unter Terrorverdacht stehen. Die Gründe dafür sind fraglich. In den Dokumenten selbst heißt es, dass es in 280 000 Fällen keinen vernünftigen Grund gibt, die Betroffenen auf der Liste und damit unter ständiger Beobachtung zu halten. Diese Dokumente könnten allein aus Verantwortungsgefühl eines Staatsbediensteten an die Öffentlichkeit geraten sein.

          Eine handfestere Diskussion darüber, ob es neben Snowden eine zweite Person gibt, die aus dem Maschinenraum der Geheimdienste berichtet, entstand vor vier Wochen. Anfang Juli veröffentlichte „Panorama“ auf der Webseite des „NDR“ Quelltexte von XKeyscore-Selektoren. Mit diesen Programmen durchforsten Geheimdienste das Netz nach Suchbegriffen, mit denen sich Menschen verdächtig machen, beispielsweise weil sie Anonymisierungsdienste ansteuern. Diese streng geheimen Dokumente kamen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht aus Snowdens Fundus. In diesem Fall hätte Edward Snowden ein weiteres seiner Ziele erreicht und zur Selbstreform der Geheimdienste beigetragen.

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