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Nachrichten in sozialen Medien : Wie Twitter und Facebook die Wirklichkeit verzerren

  • -Aktualisiert am

Im Nachrichtenstrom: Die Algorithmen der Internetkonzerne filtern nicht unbedingt heraus, worauf es ankommt. Bild: AFP

Immer mehr Menschen beziehen Nachrichten über soziale Netzwerke. Was wird ihnen dort geboten? Beispiele zeigen, wie manipulativ die Informationen sind.

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          Soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter avancieren immer mehr zu Medienunternehmen. Laut einer Studie des Pew Research Center nimmt schon jeder dritte Amerikaner Nachrichten über Facebook wahr. Dessen Gründer Mark Zuckerberg sagte, er wolle Facebook zur „besten personalisierten Zeitung der Welt machen“. Aber bilden soziale Netzwerke die Realität auch immer so ab, wie sie ist?

          Im Sommer des vergangenen Jahres verfolgte die Soziologin und Bloggerin Zeynep Tufekci die Unruhen in Ferguson. Während ihre Twitter-Feeds vor Berichten überquollen, las sie auf ihrem Facebook-Profil nichts von den Protesten - obwohl sie mehrere Nachrichtenseiten „geliked“ hatte. Stattdessen zeigte ihr Facebook Videos und Einladungen zur Ice Bucket Challenge. Erst am nächsten Tag erfuhr sie auf Facebook von den Ereignissen. Der Aufruhr war wohl nicht relevant genug. Facebooks Algorithmen bestimmten autoritativ, was Tufekci zu interessieren hatte. Auch auf Twitter war die Informationslage verzerrt. Zwar poppten massenhaft Tweets über die Proteste in Ferguson auf, #Ferguson erschien jedoch nicht in „Twitter Trend“. Das Thema war offenkundig nicht „trendig“ genug.

          Die Frage ist: Wie werden die Trends bestimmt? Auf Twitter heißt es dazu: „Trends werden von einem Algorithmus ermittelt und sind standardmäßig auf Dich persönlich zugeschnitten, basierend darauf, wem Du folgst und wo Du Dich befindest. Dieser Algorithmus identifiziert eher Themen, die aktuell beliebt sind, als solche, die eine lange Zeit oder auf täglicher Basis beliebt sind.“ Angesichts der Zahl der mit „#Ferguson“ versehenen Tweets und Retweets hätte das Thema eigentlich angezeigt werden müssen (es wäre, um im Twitter-Jargon zu bleiben, „beliebt“ gewesen). Doch wenn die Quantität in dem Moment nicht mehr das Kriterium war, müssen andere Parameter eine Rolle gespielt haben. Ferguson war kein Einzelfall. Auch Occupy Wall Street schaffte es nie in die Rubrik der „Trending Topics“, obwohl es angesichts der schieren Häufigkeit der Tweets hätte der Fall sein müssen.

          Die Algorithmen sollen vor allem die Zufriedenheit erhöhen

          Tufekci nannte das „algorithmische Zensur“. Twitter und Facebook dementierten - sie machen grundsätzlich keine Angaben zu ihren Algorithmen. Im Gegensatz zu Facebook griff Twitter lange nicht auf algorithmische Filter zurück - die Tweets wurden in chronologischer Reihenfolge angezeigt, beginnend mit dem neuesten. Allein, der Filter funktioniert nicht immer. Im November des vergangenen Jahres wurde ein Link zu einem Artikel der „New York Times“ über eine Vorzugsbehandlung junger Football-Spieler durch die Polizei fälschlicherweise als Spam markiert, aus welchen Gründen auch immer. Twitter entschuldigte sich später für den Vorgang. Ein Sprecher sagte der „New York Times“, „dass der Link von einer externen Organisation versehentlich als Spam klassifiziert wurde“. Twitter erledigt die Kontrolle also gar nicht selbst, sondern hat sie outgesourct.

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