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Kritik am Kölner Kardinal : Der Woelki-Code

Rainer Maria Kardinal Woelki, Erzbischof von Köln Bild: dpa

Obwohl die Aufarbeitung sexueller Gewalt in der katholischen Kirche insgesamt eine Hängepartie ist, bleibt die Öffentlichkeit auf den Kölner Kardinal fixiert. Das wirft Fragen auf.

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          Inzwischen vergeht kein Tag, an dem ihm nicht jemand eine Abreibung verpasst. Vor dem Kölner Kardinal Woelki, dem unbeholfenen Kommunikator seiner Ankündigungen und selbst seiner Fehlerbekenntnisse, schickt es sich, im Vorbeigehen etwas fallen zu lassen, und sei es nur den Hinweis auf die „Lage in Köln“ (so Bischof Bätzing, „als Nachbar“ den Amtsbruder mahnend, nicht aber amtierende Amtsbrüder in Essen und Osnabrück, denen nachgewiesen wurde, dass sie bei Missbrauchsfällen Verantwortung trugen). Warum gibt es keine „Lage in Berlin“, wo der dortige Erzbischof vor drei Wochen sein Gutachten zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs veröffentlichte, eine aktenbasierte Darstellung, bei der freilich mehr als vierhundert Seiten personenbezogener Schilderungen unveröffentlicht blieben?

          Die Öffentlichkeit schluckte es im Großen und Ganzen anstandslos. Sie bleibt fixiert auf Woelki – der Name ein Codewort, das sich, frontal aufgeblendet oder beiläufig eingeflochten, gut macht im Mund des Sprechers, der einfach nur sagen möchte: Zustände wie in Köln muss man sich nun wirklich nicht noch geben, Einzelheiten geschenkt. Sollte es etwa noch einen gottlosen Hinterwäldler im Lande geben, der mit dem Namen Woelki nicht das abgefahrenste Aufklärungsgebaren aller Zeiten verbindet, auch ohne Kenntnis näherer Zusammenhänge? Der „Zeit“-Reporter fügt dem Schonverständigtsein auf Woelki eine Selbstbeschreibung hinzu: „Mitglied der Chefredaktion der ZEIT/Christ & Welt, recherchiert seit Monaten zum Fall Woelki und ist selbst Katholik“. Was bedeutet es, wenn solche Mitteilungen für nötig gehalten werden? Gibt die Faktenlage womöglich gar nicht die Lage her, wie sie in Köln entstanden ist und sich selbst stabilisiert?

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