Michael Moore zum Sechzigsten : Der Mann aus Flint in Michigan
- -Aktualisiert am
Regisseur und zugleich Akteur in eigener Familiensache: Michael Moore in „Roger & Me“ Bild: ddp images
Konfrontation im Unterhaltungsgeschäft ist bisweilen alles: Mit „Bowling for Columbine“, „Fahrenheit 9/11“ und „Roger & Me“ hat Michael Moore sein Genre, den Dokumentarfilm, zum Blockbuster gemacht. Heute feiert er seinen sechzigsten Geburtstag.
Er kommt aus Flint in Michigan, und es gibt wohl kaum einen Filmemacher, der von einem einzigen Faktum seiner Biographie tiefer geprägt wurde als Michael Moore von diesem. Flint ist eine Autostadt gewesen - jeder, der dort lebte, hatte irgendetwas mit General Motors zu tun, auch die Familie Moore, die sämtlich bei GM arbeitete. Bis die Firma ihr Werk dort schloss und damit den Niedergang der Stadt wie der gesamten Region einläutete. Flint verfiel, und mit der Hoffnungslosigkeit der nun Arbeitslosen hielten Kriminalität und Drogen Einzug.

Redakteurin im Feuilleton.
„Roger & Me“ war 1989 der Film, den Michael Moore diesen verheerenden Vorgängen gewidmet hat, und in diesem Film tat er zum ersten Mal, was er seitdem in allen seinen Filmen wiederholte: Mit einem minimalen Team ging er zu denen, die er als Verantwortliche ausmachte, stellte sie vor der Kamera und kaperte ihre Aussagen. Zur Wahrheit entstellt, könnte man sagen.
Eingreifend, herstellend, manipulativ
Im Fall von „Roger & Me“ war das der damalige Chef von General Motors, Roger Smith, den er dazu überreden wollte, sich das Unglück von Flint mit eigenen Augen anzuschauen. Es sah in dem Film aber so aus, als hätte Smith sich geweigert, Moore ein Interview zu geben. Was, wie ein Moore-kritischer Film später feststellte („Manufacturing Dissent“ von 2007), nicht der Fall war. Das Interview gibt es, kommt in dem Film aber nicht vor.
Ganz sauber war das nicht, aber fair und sauber will Moore auch gar nicht sein. Und so brachte er mit diesem Film mit der ihm eigenen dampfwalzenartigen Wucht eine neue Methode des Dokumentarfilms unter die Leute, nämlich eingreifend, herstellend, am Ende auch: manipulativ. Woraus im Lauf der Jahre eine gut geölte Maschinerie der Selbstvermarktung wurde, zu der neben den Filmen, Fernsehserien und öffentlichen Auftritten auch die Bestsellerproduktion gehört.
Mut zur Konfrontation
Michael Moore griff sich als dezidiert linker Filmemacher einige der heiligen Kühe seines Heimatlands heraus, um Sturm zu laufen. Mit seinem bekanntesten Film, „Bowling for Columbine“ - mit dem er 2003 einen Oscar gewann, was er zu einer flammenden Rede gegen den damaligen amerikanischen Präsidenten George W. Bush nutzte, der nichtsdestotrotz wiedergewählt wurde - führte er die Waffengesetze vor, mit „Fahrenheit 9/11“ (damit gewann er die Goldene Palme in Cannes) die Antiterrorkriege, mit „Sicko“ das marode Gesundheitssystem.
Aber mit der Zeit verschwand der Witz aus seinen Filmen, und was blieb, war Propaganda. Zu verdanken ist ihm aber zweierlei: sein Mut zur Konfrontation, der ansteckend ist. Und sein Erfolg. Weil seine Filme, Dokumentarfilme immerhin, zuvor eher ein ungeliebtes Kinokind, zu Blockbusterformat anwuchsen, haben auch andere Dokumentarfilme im Kino wieder eine Chance bekommen. Am 23. April wird Michael Moore sechzig.