Pressefreiheit in Polen : Diskutieren wir, statt uns zu beleidigen!
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Ist da was faul? Der polnische Präsident Andrzej Duda und Donald Trump bei der Unterzeichnung eines Vertrags über die strategische Partnerschaft ihrer Länder. Bild: Imago
Was Intoleranz angeht, ist die Publizistik in Polen anderen Ländern voraus. Wer „falsche“ Ansichten äußert oder Witze über die Regierung macht, wird entlassen.
Was bedeutet es, wenn Schriftsteller zu astronomischen Metaphern greifen, um die Debattenkultur in ihrem Land zu beschreiben? In Polen jedenfalls nichts Gutes. Eine „für die Öffentlichkeit interessante Konstellation“ habe sich durch die Entlassung zweier Redakteure und der „Knebelung“ eines weiteren ergeben, schrieb Szczepan Twardoch auf Facebook. So wie „wenn wir bei einer Mondfinsternis den Schatten auf seiner Oberfläche sehen, also den Umriss der Erde, der für uns normalerweise unsichtbar ist“, zeige diese „für die Betroffenen zweifellos unangenehme“ Konstellation „für einen Moment in ihrer vollen Schönheit, in was für einem primitiven und dummen Staat wir leben“.
Dieses harsche Urteil leitet Twardoch, dessen aktueller Roman „Der Boxer“ auf Deutsch erschienen ist und in den höchsten Tönen gelobt wurde, aus zwei aktuellen Debatten über die Unterdrückung der Meinungsfreiheit in Polen ab. Dass zwischen den Debatten ein Zusammenhang bestehen könnte, ist außer Twardoch niemandem aufgefallen. Sie finden parallel, aber in zwei abgeschlossen verfeindeten Lagern statt. Diese spalten die Öffentlichkeit, Medien und gelegentlich sogar Familien: die Anhänger der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) und ihre Gegner.
Eine Welle des Spotts
Was sind das für Debatten? Die eine hängt mit den Folgen eines Tweets des amerikanischen Präsidenten Donald Trump zusammen. Einem, der eher harmlos daherkam: „Es war mir heute eine große Ehre, den polnischen Präsidenten Andrzej Duda im Weißen Haus zu empfangen!“, schrieb Trump und schickte ein paar Fotos mit: die Präsidenten bei der Pressekonferenz, beim Händeschütteln, wie sie ein polnisch-amerikanisches Ministertreffen leiten und die Unterzeichnung einer Erklärung zur strategischen Partnerschaft. Als nicht so harmlos entpuppte sich dann eines der Fotos. Es zeigt die ganz offensichtlich improvisierte Unterzeichnung der gemeinsamen Erklärung. Entgegen dem üblichen Procedere fand sie am Präsidentenschreibtisch im Oval Office statt. Schon das lässt Präsident Duda als Bittsteller erscheinen, das Foto machte es noch schlimmer. Während Trump mit ernster Miene hinter seinem Schreibtisch thront, steht Duda neben ihm, zur Unterschrift nach vorn gebeugt und lächelt in die Kamera.
Eine Welle des Spotts ergoss sich über den polnischen Präsidenten und die PiS-Regierung. Es höhnte in den sozialen Medien, und die regierungskritische Presse dokumentierte das Spektakel mit Freuden: Ex-Präsident Lech Walesa postete das Foto neben einem, das ihn bequem im Sessel zeigte, während Trump sich zu ihm hinunterbeugt. Kommentar: „Finde den Unterschied“. Die Bauernpartei PSL stellte Trump und Duda einem Treffen Edward Giereks mit Präsident Gerald Ford von 1974 gegenüber, bei dem der 1. Sekretär der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei im Weißen Haus bequem neben dem Präsidenten sitzt. Subtext: Selbst Kommunisten wurden in den Vereinigten Staaten besser behandelt als der Präsident der PiS. Das steht natürlich klar im Widerspruch zur These der PiS, dass Polen sich dank ihrer Regierung endlich „von den Knien erhoben“ habe. Diese These war auch selbst eine Steilvorlage für die unvermeidliche Frage, ob Duda vielleicht genau deshalb neben dem sitzenden Trump stehe.