Zeitungsverleger Dirk Ippen : Auch in der zweiten Liga spielt man schön
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So gut, dass die Branchenpresse die Gesamtauflage der Blätter, an denen Ippen beteiligt ist, auf 4,7 Millionen Exemplare beziffert. „Das ist ganz großer Unfug“, kontert der Verleger, „die addierte Auflage aller meiner Tageszeitungen liegt bei unter einer Million.“ Dass er die (Mehrheits-)Beteiligung an rund zwanzig Anzeigenblattverlagen, an Internet-Portalen und Telefonbuchverlagen unerwähnt lässt, passt zu Ippens großem Faible für das Understatement. Stets legt er Wert darauf, nicht mit den großen Medienkonzernen verglichen zu werden. Sein Geschäftsprinzip zieht er durch, in Schongau, Soest oder Offenbach. „Wir haben immer auf Lokales und Sport gesetzt. Dem Mantelteil mit Deutschland- und Weltpolitik haben wir früher schon einen geringeren Stellenwert eingeräumt, das zahlt sich jetzt aus.“
Als Verlagsmanager großer Häuser sich im Boom Ende der neunziger Jahre vorbereiteten, vierhundert Seiten dicke Wochenendausgaben zu drucken, hielt Ippen den Ball flach. Resultat: Im Zehnjahresvergleich gehören der „Westfälische Anzeiger“, die „Hessisch-Niedersächsische Allgemeine“, die „Merkur“-Gruppe und die „tz“ zu den Zeitungen mit den stabilsten Auflagen. „Also können wir nicht alles falsch gemacht haben.“
Fälle von Presseversagen
Vom Zeitungsmarkt seiner Wahlheimat ist er immer noch angetan, obwohl hier mit der „Süddeutschen“, der „Abendzeitung“, dem „Merkur, der „tz“ und „Bild“ gleich fünf Zeitungen konkurrieren: „München ist halb so groß wie Berlin, aber hier werden eher mehr Zeitungen verkauft als dort. In keiner Großstadt haben die Tageszeitungen eine so große Reichweite wie in München.“
Redakteure, die für ihn gearbeitet haben, beschreiben ihn als zugewandten, aufgeschlossenen Arbeitgeber. Als einen, der seine Leute fragt, ob sie zufrieden mit ihrer Arbeit seien, persönlich frohe Weihnachten wünscht. Das mag Ausfluss sein einer bildungsbürgerlichen Abstammung, mit der Dirk Ippen öffentlich keinesfalls hausieren geht. Die Mutter war in der Goethe-Gesellschaft engagiert, seine Frau ist eine Cousine des verstorbenen Schriftstellers und Joyce-Übersetzers Hans Wollschläger. Ippen überrascht privatim mit auswendig vorgetragenen Gedichten und Passagen der dramatischen Literatur. Das „Wessobrunner Gebet“ hat er ebenso im Gedächtnisköcher wie Shakespeare.
In der Frankfurter Ansprache hat er darüber nachgedacht, was denn eigentlich Journalisten seien: „Sind sie diejenigen, die neue Wege denken oder sind sie die Lautverstärker dessen, was als Mainstream einer Gesellschaft vor sich geht? Ich glaube eher Letzteres.“ Deswegen freut er sich, wenn diese Auffassung widerlegt wird, etwa in der Affäre Dominique Strauss-Kahn. „Dass eine unbekannte schwarze Reinigungskraft eines Hotels den mächtigsten Mann des IWF so sehr in Bedrängnis bringen kann, ist ein Sieg für den Rechtsstaat in Amerika, unabhängig davon, wie das Verfahren ausgeht.“ Dass man in München dem ungesetzlichen Treiben des Gaddafi-Sohnes jahrelang zugesehen hat, hält er ebenfalls für einen Fall von Presseversagen. Und dass es dem Freiherrn zu Guttenberg beinahe gelungen wäre, politisch zu überleben, bringt ihn aus der Fassung: „Was Guttenberg gemacht hat, ist unsäglich. Frau Merkel hat sich zu spät gegen ihn gestellt und die örtliche CSU hat wohl gar nicht mit ihm gebrochen.“
„Es gibt uns nicht, weil wir drucken können“