„Der gleiche Himmel“ im ZDF : Ich schau dir ganz fest in die Augen, Kleines!
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Der Film ist ein sehr deutsches Projekt mit schläfrigen Bildern, erwartbarer Musik und uninspirierten Dialogen: Selbst wenn es um Freiheit versus Sozialismus geht, nichts als Plattitüden. Weitere Erzählstränge handeln etwa von Lars’ Cousine Klara (Stephanie Amarell), die Leistungsschwimmerin werden soll. Die damit einhergehende, durch Privilegien für die Familie versüßte Doping-Zumutung scheint Klaras Eltern (Godehard Giese, Anja Kling) endgültig zu entzweien. Da ist weiterhin der schwule Lehrer Axel (Hannes Wegener), der sich nach Freiheit sehnt und zufällig auf junge Dissidenten trifft, die einen Fluchttunnel graben. Sogar Lars’ Vater Gregor (Jörg Schüttauf), selbst Stasi-Mitarbeiter, hat Zweifel am System, die er aber vor dem Sohn sorgfältig verbirgt. Dieses Abhaken naheliegender Themen wirkt bestenfalls beflissen. Nichts davon wird aus den Figuren herausentwickelt. Alles ist exemplarische Veranschaulichung. Am spannendsten scheint noch der Protagonist, dessen Motivationen und Ansichten bis zum Schluss undurchsichtig bleiben.
Dickenwitze, wie sie hier auf Kosten des ständig im Fluchttunnel steckenbleibenden Tobias (Daniel Zillmann) gemacht werden, mögen niederträchtig sein, aber sie bringen wenigstens etwas Komik in die Filme, denn daran fehlt es entschieden. Die meisten Figuren starren sehnsuchtsvoll oder leidend vor sich hin. Sabines Mutter Dagmar (Claudia Michelsen) kramt ständig mit Trauermiene in einer Erinnerungskiste, die ein dunkles Geheimnis bewahrt. Immerhin ist Ben Becker alias Ralf Müller ein Lichtblick. Er wird als Führungsoffizier des Romeo-Agenten eingeführt, erweist sich aber mehr und mehr als mürrischer Amor, der bei jeder intimen Situation insgeheim anwesend ist und stets einen Mackerspruch auf den Lippen hat. Warum dieser West-Berliner für die Stasi arbeitet, erklärt sich allerdings nicht. Am Westen stören ihn offenbar vor allem überquellende Mülleimer, was doch ganz lustig ist, denn der sich ausschließlich von Fastfood Ernährende hilft dabei kräftig mit.
Dramaturgie gerät ins Rutschen
Ein Fest ist die Ausstattung, die einen guten Teil des Budgets verschlungen haben dürfte. Gedreht wurde, das dürfte die Produktionskosten geschont haben, fast komplett in Prag. Doch auch phantastische siebziger Jahre-Lounges, Schlaghosen und stilvolle Automobile können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Handlung oftmals auf der Stelle tritt, um sich dann im letzten Drittel des dritten Teils beinahe zu überschlagen, ohne es noch zu einem befriedigenden Abschluss zu bringen. Der starke Cliffhanger deutet auf eine zweite Staffel hin. Man hätte aber wenigstens die halbherzig mit Schrifteinblendungen angedeuteten Entwicklungen vollständig erzählen und dafür auf große Teile der ersten beiden Folgen verzichten können.
Erschwerend kommt die Entscheidung hinzu, den Kalten Krieg höchst unrealistisch als innerfamiliäre Angelegenheit abzubilden. Als Kinder auseinandergerissene Zwillinge spielen dabei eine Rolle, wie uns die geradezu penetrant wiederholte Einblendung des identischen Familienfotos im Haushalt der Cutters und der Webers früh zu erkennen gibt. Damit aber gerät die gesamte Dramaturgie ins Rutschen, bleibt von einer Auseinandersetzung mit dem Thema des geteilten Deutschlands, auch wenn die es an Reflexionstiefe mit Christa Wolfs berühmter und berühmt verfilmter Erzählung „Der geteilte Himmel“ ohnehin nicht aufnehmen kann, nur eine boulevardtaugliche Soap mit Erotikfaktor übrig. Da helfen auch die beiden leichtgewichtigen Begleit-Dokus mit vielen Filmausschnitten nicht.