Wintersport im Fernsehen : Wohl dem Zuschauer, der draußen nicht mitfrieren muss
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Die Steilheit der Streif ist immerhin zu erahnen: Der Kanadier Erik Guay bei der Abfahrt 2013, eine Szene aus Salminas Film „Streif - One Hell of a Ride“ Bild: Red Bull Media
Wer macht das bessere Wintersportprogramm im Fernsehen? ARD, ZDF oder Eurosport? Beim Hin-und-her-Schalten zeigt sich, dass jeder seine Spezialdisziplin hat. Wir vergeben heute mal die Haltungsnoten.
Wintersport ist Fernsehsport. Zwar ist es nicht verboten, Eintrittskarten für Ski-Stadien, Sprunganlagen, Rodel- oder Bobbahnen zu erwerben - und viele Menschen tun das ja auch. Aber was sehen sie da? Rennläufer in Streichholzgröße - und auch dies erst, wenn die Athleten den Zielhang herunterrasen, wenige Sekunden lang. Biathleten oder Langläufer zwar aus der Nähe, aber nur einmal pro Runde und beim Schluss-Sprint, der Hauptteil des Rennens findet fern in einsamen Wäldern statt. Skispringer tauchen erst als Stecknadeln der Lüfte auf und dann kurz als Mauerschwalben vor der Landung, bei der sie am Ende gar noch schwer stürzen wie jüngst der arme Simon Ammann in Bischofshofen.

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Schließlich sieht man behelmte Piloten in auch ansonsten windkanalgeprüfter Vollverkleidung, die binnen zweier, dreier Hundertstelsekunden vorüberhuschen, um sofort wieder hinter der nächsten Eiskurve zu verschwinden.
Zuschauer beim Wintersport feiern also in erster Linie sich selbst und damit auch den Glühwein oder den Jagertee, um die klirrende Kälte, den beißenden Wind oder das auch in den Alpen inzwischen klimagewandelte Schmuddelwetter besser zu ertragen: Man nennt das dann authentische Atmosphäre. Aber nicht umsonst ist das wichtigste Utensil an Ort und Stelle die riesige Videoleinwand, auf die all jene starren, die sich tatsächlich für den laufenden Wettbewerb interessieren. Um wie vieles besser ist da der Bildschirm zu Hause, für den eigenen Komfort ebenso wie für die konzentrierte und umfassende Teilhabe am sportlichen Geschehen vom Start bis ins Ziel.
Prächtiges Wetter, das aus der Ferne kommt, schadet dabei nicht. Besonnte Bergpanoramen also, wolkenloses Himmelblau, vor allem jedoch wundersam schneebedeckte Landschaften, Dörfer und Städte, die man in hiesigen Breiten seit Jahren kaum noch kennt, sind auch der heimischen Stimmung überaus zuträglich. Seit es die aktuellen alpinen wie nordischen Weltcup-Wettbewerbe überträgt, seit Mitte November des vergangenen Jahres, hatte das Fernsehen damit wenig Glück. Die übertragenden Sender sind ARD und ZDF, die sich meist wochenweise abwechseln, und fortwährend der Spartensender Eurosport, der lediglich für Bob und Rodeln keine Rechte erworben hat.
So reizvoll der Vergleich zwischen den Übertragungsriten und den Reportermarotten der öffentlich-rechtlichen Sender und ihres privaten Konkurrenten ist, so wenig können alle drei das vorgefundene Ambiente ändern. Und das war, sieht man von den Übersee-Ausnahmen im kanadischen Lake Louise und amerikanischen Beaver Creek zu Saisonbeginn einmal ab, überaus bescheiden - jeweils nahezu nur das dünne Kunstschneeband der Rennstrecken und maschinell heruntergekühlte Bahnen inmitten spätherbstlich kahler und brauner Natur-Tristesse.
Erst am vergangenen Wochenende strahlte dann fast überall alles: in Cortina d’Ampezzo und am Lauberhorn bei Wengen die Abfahrts- und Slalompisten der Damen und Herren, in Ruhpolding die Biathlonstrecken, am Königssee die Bobbahn, in Zakopane die Schanzen der Spezialspringer und im tiefverschneiten Seefeld bei Innsbruck die Sprunganlage und die Loipen der nordischen Kombinierer. Wintersport im Fernsehen ist dann ein wochenendliches Ferienäquivalent.
Von Einzelfällen abgesehen, sind bei Eurosport die Reportagen von den Wettbewerben animierter und origineller, ARD und ZDF haben erhellendere, auch glamourösere Moderationen vor, nach und in den Zwischenpausen der Rennen. Das hat Gründe. In aller Regel bietet Eurosport zwei Kommentatoren für jedes Ereignis auf, damit einen dialogisierten, bisweilen also auch kontroversen Dauerdiskurs: Ein Profireporter und ein ehemaliger Athlet als Experte wechseln sich ab, fallen sich ins Wort, ergänzen, widersprechen einander - für den Laien-Zuschauer ist dies oft fachlich hochinteressant, manchmal recht unterhaltsam, bisweilen auch bloße Dampfplauderei.