Initiative „Cinemalovers“ : Der gute Film kommt jetzt aus dem Netz
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Solidarische Plattform: „Cinemalovers“ richtet sich an ein Arthouse-Publikum. Bild: action press
Digitale Vorführsäle müssen nicht Massenware anbieten: Die Initiative „Cinemalovers“ kämpft mit Streaming für Programmkinos als Institution und ästhetische Idee.
Wenn ein Mann einer Frau den hebräischen Namen Abisag gibt, dann schwingt dabei eine Menge mit. Denn die entsprechende Geschichte in der Bibel erzählt vom alten König David, für den nach einer jungen Pflegekraft gesucht wird. Und dann geht es stark darum, wie intim das Verhältnis zu dieser Abisag oder Abischag war. Auf Gemälden wird sie gern nackt gezeigt, während Davids alter Leib von einem mächtigen Bart verhüllt ist.
Die Fotografin Abisag Tüllmann erhielt ihren Künstlernamen von Paul Pörtner, einem frühen Geliebten und Mentor. Eigentlich hieß sie Ursula Eva Tüllmann, geboren 1935 in Hagen in Westfalen. 2015 widmete Claudia von Alemann der 1996 verstorbenen Freundin den Porträtfilm „Die Frau mit der Kamera“, eine Würdigung einer der bedeutendsten Fotochronistinnen der alten Bundesrepublik und zugleich ein Zeugnis einer Frauenfreundschaft, die viel von den gesellschaftlichen Errungenschaften der Jahre um und nach 1968 erzählt.
„Ein eigenes Angebot im Digitalen, das auch wieder auf den eigenen Kinoraum zurückverweist“
Dass man „Die Frau mit der Kamera“ dieser Tage im Kino sehen kann, hat wiederum mit einer Initiative zu tun, die vielleicht einmal zu den wichtigsten Schlussfolgerungen aus den Beschränkungen dieser Monate zählen wird: „Cinemalovers“ nennt sich ein bisher noch loser Verbund unabhängiger Kinos, die gemeinsam eine Infrastruktur für digitale „Säle“ geschaffen haben. So läuft „Die Frau mit der Kamera“ nun im Cine K in Oldenburg.
Marianne Hamm, die dort das Programm macht, erläutert das Prinzip von „Cinemalovers“ so: „Wir wollen in Kontakt treten können mit unserem Publikum und finden es auch sehr wichtig, etablierten Streaming-Diensten etwas entgegenzusetzen. Für uns ist das im Moment eine Experimentierplattform. Wir sind happy, wie sehr das angenommen wurde.“ Noch stehe in den Sternen, wie sich die Kostenrechnung des digitalen Cine 3 entwickeln werde, doch eine Schließung mit Wiedereröffnung des regulären Betriebs sei nicht geplant. Im Gegenteil will man in Oldenburg diesen ergänzenden Kanal auch künftig offen halten, wenn die Beschränkungen fallen, und ihn kreativ bespielen, zum Beispiel mit Künstlergesprächen zu den Filmen im Programm. Das gilt im Großen und Ganzen für alle bisher beteiligten Standorte von „Cinemalovers“, zu denen auch die Kinemathek Karlsruhe, das Wolf Kino in Berlin, das Kino im Künstlerhaus Hannover und das Filmmuseum Potsdam zählen.
„Ein eigenes Angebot im Digitalen, das auch wieder auf den eigenen Kinoraum zurückverweist“, so bringt Mikosch Horn vom Filmhaus Nürnberg es auf den Punkt. Er ist einer der Köpfe hinter „Cinemalovers“. Und Sachiko Schmidt vom Filmmuseum Potsdam ergänzt: „Wir sind sehr früh eingestiegen. Zum Jahresende waren wir auf der Suche nach Lösungen, wie wir unser Kino-, aber auch im weiteren Sinn unser Museumsprogramm weiterhin transparent halten könnten. Wir hatten große Ausstellungen über 111 Jahre Kino in Potsdam und 125 Jahre Kino im Grunde fertig und konnten damit nur sehr geringfügig an die Öffentlichkeit gehen. Da dachten wir, es wäre doch schade, das einfach im Sande verlaufen zu lassen, und haben nach Möglichkeiten gesucht, das digital zu retten. Relativ schnell sind wir bei Cinemalovers gelandet.“