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WDR löscht Kinderchor-Video : „Meine Oma ist ’ne alte Umweltsau“

  • Aktualisiert am

Der Dortmunder Kinderchor des WDR Bild: Screenshot/WDR

WDR2 hat das Lied „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“ umgedichtet, als klimapolitische Satire zugespitzt und von Kindern singen lassen. Das zieht heftige Kritik auf sich. Das Video mit dem Kinderchor wurde gelöscht. Was haben die Kinder gesungen? WDR Intendant Buhrow entschuldigt sich.

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          Der WDR wollte wohl witzig sein. Das Lied des Dortmunder WDR-Kinderchors sollte wohl witzig sein. Doch ist das als Witz, wenn es einer war, nicht bei jedem gut angekommen, so dass der Sender das Video der Aufnahme wieder gelöscht hat. Gesungen wird eine Neudichtung des Kinderlied-Klassikers „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“. Der Text beim WDR heißt: „Meine Oma ist 'ne alte Umweltsau“.

          Im neuen Original, das man zwar nicht mehr beim WDR in der Mediathek findet, aber bei Youtube auf diversen Accounts, lautet:

          „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad, Motorrad, Motorrad. Das sind tausend Liter Super jeden Monat. Meine Oma ist 'ne alte Umweltsau.

          Meine Oma sagt, Motorradfahren ist voll cool, ist voll cool, ist voll cool. Sie benutzt das Ding im Altersheim als Rollstuhl. Meine Oma ist 'ne alte Umweltsau.

          Meine Oma fährt mit 'm SUV beim Arzt vor, beim Arzt vor, beim Arzt vor. Überfährt dabei zwei Opis mit Rollator. Meine Oma ist 'ne alte Umweltsau.

          Meine Oma brät sich jeden Tag ein Kotelett, ein Kotelett, ein Kotelett. Weil Discounterfleisch so gut wie gar nix kostet. Meine Oma ist 'ne alte Umweltsau.

          Meine Oma fliegt nicht mehr, sie ist geläutert, geläutert, geläutert. Stattdessen macht sie jetzt zehnmal im Jahr ‘ne Kreuzfahrt. Meine Oma ist doch keine Umweltsau.“

          Dass es sich dabei nicht um Comedy oder Satire handelt, sondern es ernst gemeint sein könnte, deutet der letzte Satz der anderthalbminütigen Aufnahme ziemlich eindeutig an. Denn da sagt eines der jungen Mädchen mit der darüber gelegten Stimme von Greta Thunberg: „We will not let you get away with this.“

          Die Kritik von Zuschauern, die sich im Netz findet, zielt zum einen auf den Text an sich ab, der als pauschale Herabwürdigung gewertet wird, und darauf, dass der WDR Kinder für einen politischen Zweck instrumentalisiert habe. Gegen diesen Vorwurf setzte sich der Sender beziehungsweise der produzierende Kanal WDR 2 in einer Stellungnahme bei Facebook zur Wehr.

          In dieser heißt es: „Die von WDR 2 an dieser Stelle veröffentlichte Satire „Unsere Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“ hat sehr unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Dies ist im besten Falle auch Sinn einer Satire, es handelt sich ja nicht um einen journalistischen Kommentar, sondern um die Zuspitzung eines Themas (hier: die zuweilen hysterische Klimadiskussion). Betroffen macht uns allerdings der Vorwurf, die beteiligten Kinder seien möglicherweise „instrumentalisiert“ worden. Dies ist absolut nicht der Fall, trotzdem haben wir uns entschlossen, das Video zu löschen, da schon die Mutmaßung, WDR 2 hätte die Kinder des Chores instrumentalisiert, für die Redaktion unerträglich ist.“

          Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet (CDU), sieht das, wie er auf Twitter mitteilte, anders: „Der WDR hat mit dem Lied „Meine Oma ist ne alte Umweltsau“, das die Redaktion den Dortmunder Kinderchor singen ließ, Grenzen des Stil und des Respekts gegen über Älteren überschritten. Jung gegen Alt zu instrumentalisieren ist nicht akzeptabel.“

          Zu Wort meldete sich auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz. Man begrüße, dass das Video mit dem Lied gelöscht worden sei. Jedoch sei „das Thema nicht aus der Welt“, sagte Vorstand Eugen Brysch der Katholischen Nachrichten-Agentur: „Deshalb muss sich die Gesellschaft auf allen Ebenen vor Diskriminierung hüten. Generationengerechtigkeit kann nur gelingen, wenn Bilder und Sprache nicht als Waffe genutzt werden.“ Es sei gut, dass Satire in Deutschland durch die Meinungsfreiheit geschützt sei, doch dürfe „die feine Grenze zur Diskriminierung nicht überschritten werden“. Alte hilfsbedürftige Menschen seien eine Minderheit: „Pflegebedürftige in Heimen nutzen kein Motorrad als Rollstuhl. Ebenso überfahren ältere Patienten nicht Opas mit Rollatoren, um beim Arzt vorzufahren.“

          Die deutsche Sektion der Bewegung „Fridays for Future“ hatte am Tag vor Heiligabend mit der Twitter-Botschaft Kritik auf sich gezogen, die da lautete: „Warum reden uns die Großeltern eigentlich immer noch jedes Jahr rein? Die sind doch eh bald nicht mehr dabei.“ Als Kritik an dieser Einlassung aufkam, zog „Fridays for Future Germany“ die Frage nach: „Was darf Satire?“

          Für Samstagabend nahm der WDR eine Sondersendung ins Programm, in der sich der WDR-2-Chef Jochen Rausch stellvertretend für die Redaktion einer „sachlichen Kritik und Fragen“ stellen wollte.

          In der Sendung entschuldigte sich der WDR-Intendant und künftige ARD-Vorsitzende Tom Buhrow für das Satirevideo. „Das Video mit dem verunglückten Oma-Lied war ein Fehler“, sagte Buhrow. „Ich entschuldige mich ohne Wenn und Aber dafür.“ Mehr als 15.000 Kommentare habe es auf der Facebook-Seite zu dem Video gegeben, hieß es beim WDR. Der Intendant Buhrow rief in der Spezialsendung nach eigenen Angaben aus dem Krankenhaus an, wo sein 92 Jahre alter Vater liege. Dieser habe immer hart gearbeitet. „Er ist keine Umweltsau“, sagte Buhrow. Der Intendant betonte, er selbst habe sein ganzes Berufsleben „dafür gekämpft, dass wir Menschen nicht spalten“. Das werde er auch weiterhin tun.

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