Nach Debatte zu Antisemitismus : WDR stellt Nemi El-Hassan nicht als Moderatorin ein
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Nemi El Hassan, Journalistin und Moderatorin Bild: Tilman Schenk/WDR/dpa
Der WDR verpflichtet Nemi El-Hassan nicht als Moderatorin des Magazins „Quarks“. Ihr wurde Antisemitismus vorgehalten. Die Journalistin sieht sich als Opfer einer Kampagne von Rechtsextremisten. Das weist der WDR nun zurück.
Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) hat sich endgültig gegen eine Zusammenarbeit mit der Journalistin Nemi El-Hassan entschieden. Das teilte der öffentlich-rechtliche Sender in Köln am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur mit. Zuvor hatte die Journalistin einen Gastbeitrag in der Berliner Zeitung veröffentlicht, in dem sie massive Kritik am WDR zum Umgang mit ihr in den vergangenen Wochen äußerte. Vom Sender hieß es als Begründung für die Entscheidung: „Das Vertrauen für eine künftige Zusammenarbeit ist nicht mehr vorhanden.“
Ursprünglich sollte die Journalistin die Sendung „Quarks“ moderieren. Ihr Start war für November vorgesehen. Die Bild-Zeitung hatte unter anderem von ihrer Teilnahme an einer Al-Quds-Demo in Berlin 2014 berichtet. Bei der Demonstration wurden judenfeindliche Parolen gerufen, und es war zu Ausschreitungen gekommen.
Der WDR hatte sich im weiteren Verlauf erst vorläufig gegen eine Moderation El-Hassans in der Wissenschaftssendung entschieden. Zur Begründung hieß es, „dass die Auseinandersetzung um ihre Person zu einer unangebrachten Politisierung der renommierten Wissenschaftssendung geführt“ habe. Die ARD-Anstalt hatte dann zunächst weiter geprüft, ob sie möglicherweise als Autorin für „Quarks“ arbeiten könne.
El-Hassan glaubt an „Kampagne“ der Bild-Zeitung
Nemi El-Hassan führt die Debatte indes auf eine „Kampagne“ der Bild-Zeitung zurück und ist der Überzeugung, diese sei von rechtsextremen Kreisen induziert worden. So legt sie es am Dienstag in einem Gastbeitrag für die Berliner Zeitung dar.
„Es gibt eine Grenze zwischen kritischer journalistischer Arbeit und einer gezielten Kampagne zur Demontage einer Person. Diese Grenze wurde in meinem Fall überschritten“, schreibt El-Hassan. Die Bild-Zeitung habe ein von rechtsextremen Internetaktivisten initiiertes Narrativ in die Öffentlichkeit getragen. Recherchen von Zeit Online hätten gezeigt, wie die Kampagne „von langer Hand vorbereitet“ worden sei.
Sie habe sich indes für die Teilnahme an der Al-Quds-Demonstration im Jahr 2014 entschuldigt. „Der WDR hat sich – in der Hoffnung, sich selbst aus der Schusslinie zu ziehen – allen Argumenten der Bild-Zeitung angeschlossen und somit auch zukünftigen Kampagnen Tür und Tor geöffnet.“ In der Debatte seien Stimmen „gezielt ignoriert“ worden. Zudem habe es „keinen ehrlichen Diskurs darüber“ gegeben, wie Antisemitismus von israelkritischen Positionen abzugrenzen sei. Zuletzt hatten der frühere israelische Botschafter Avi Primor und der Historiker Moshe Zimmermann Internetlikes von Nemi El-Hassan als nicht antisemitisch bewertet.
Die Vorhaltung, er habe einer Kampagne nachgegeben, wies der WDR in einer Stellungnahme zurück. „Der Vorwurf, dass der WDR die Moderatorinnen-Auswahl von einer Bild-Kampagne abhängig mache, ist unsinnig“, schreibt der Sender. „Unabhängig von der medialen Berichterstattung und dem öffentlichen Druck im Fall Nemi El-Hassan“ habe man „sorgfältig und umfangreich beraten, weil die Verantwortlichen den beruflichen Weg der jungen Journalistin nicht leichtfertig behindern, sondern ihr eine Chance geben wollten.“ Ausschlaggebend für den WDR sei „ihr Verhalten in den sozialen Netzwerken und der Umgang damit gegenüber dem WDR“ gewesen. „Relevante Informationen – wie zum Beispiel das Löschen von Likes –“, habe der WDR „erst aus den Medien“ erfahren, „obwohl er mit Nemi El-Hassan im intensiven Austausch war“. Dies habe „von Beginn an das Vertrauensverhältnis belastet“.
Der Zentralrat der Juden in Deutschland begrüßte die Entscheidung des Senders, von einer Zusammenarbeit mit Nemi El-Hassan abzusehen. „Wir begrüßen es, dass der WDR den Fall Nemi El-Hassan sorgfältig geprüft und jetzt klar entschieden hat“, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster der „Jüdischen Allgemeinen“. „Die Zweifel an den grundsätzlichen Positionen von Frau El-Hassan waren offenbar berechtigt.“ Allerdings seien jegliche Pauschalverdächtigungen von Muslimen völlig inakzeptabel.