WDR-Doku-Serie in der Kritik : Geschasste Autorin von „Menschen hautnah“ wehrt sich
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Das Funkhaus des WDR in Köln Bild: dpa
Der WDR distanziert sich von einer Filmautorin, weil diese ungenau und fehlerhaft recherchiert habe. Nun gibt sie die Kritik an den Sender zurück.
Nachdem sich der Westdeutsche Rundfunk am vergangenen Freitag von einer freien Autorin unter anderem deshalb distanziert hat, weil diese für eine Dokumentation Protagonisten über das Internetportal „komparse.de“ gesucht hatte, wehrt sich diese nun. „Ich habe nicht gewusst, dass man für den WDR seine Protagonisten nicht über einen Aufruf auf der Website von ,komparse.de’ suchen darf. Dort findet man neben Kleindarstellern auch normale Protagonisten“, sagte sie der F.A.Z. auf Anfrage. „Viele Filmproduktionsfirmen und Sender suchen auf dieser Website von ,komparse.de’ authentische Protagonisten für seriöse Dokus und Reportagen.“
Am Donnerstag vergangener Woche hatte sich herausgestellt, dass die freie Autorin, die aus Schutz vor Anfeindungen nicht namentlich genannt werden möchte, zwei Protagonisten über das genannte Portal fand. Zuvor waren Ungereimtheiten in drei Dokumentationen von ihr aufgefallen, die zum Beispiel Angaben zu Alter und Hobbys der vorgestellten Personen betrafen. Die „Süddeutsche Zeitung“ zitierte die Filmautorin indirekt mit den Worten, Komparsen in Dokumentationen einzusetzen, sei ein übliches Vorgehen in der Branche. Dieses Zitat sei „falsch aus dem Zusammenhang gerissen“, sagte die Filmemacherin nun im Gespräch mit der F.A.Z. Das habe sie nie so gesagt. Sie habe nur gesagt, es sei üblich, „dass viele Fernsehsender und Produktionsunternehmen ihre Protagonisten über das Portal ,komparse.de‘ suchen“. Will heißen: normale Menschen, nicht Komparsen.
Tatsächlich keine unüblichen Gesuche
Die Journalistin hatte nach vergeblicher Recherche eine Annonce geschrieben. Daraufhin meldete sich einer ihrer Protagonisten, der allerdings auch schon in mehreren Produktionen aufgetaucht war. „Er hat seine persönliche Familiengeschichte dargestellt“, sagt sie. „Es ist die Summe unglücklicher Umstände, die hier zusammen gekommen sind“ – die Fehler der Altersangaben, die Jahreszahlen, nicht kenntlich gemachte Namensänderungen – und der Protagonist, der schon woanders aufgetreten war. Alle drei Dokumentationen seien aber authentisch. Der WDR sprach jedoch davon, dass die Gefühlslage zweier Protagonisten in „unzulässiger Weise zugespitzt“ worden sei. Dies habe eine Sichtung des Interviewmaterials ergeben, hieß es auf Anfrage.
Bei dem angeworbenen Protagonisten über das Komparsen-Portal habe sie genauer hinschauen müssen, räumt die Filmautorin ein. Doch sei sie „für die Fehler, die passiert sind, nicht allein verantwortlich“. Damit lenkt sie auch den Blick auf den WDR, der die Dokumentationen ausgestrahlt hat. Wer auf die Website komparse.de einen Blick wirft, der entdeckt denn auch Anzeigen von Journalisten, die dort nach Protagonisten suchen; auch für WDR-Produktionen. Ganz unüblich sind solche Gesuche also tatsächlich nicht. Der WDR schreibt auf Anfrage: „Nicht jeder, der über die Komparsen-Webseite vermittelt wird, ist auch ein Schauspieler beziehungsweise Darsteller. Entscheidend ist aber, dass in jedem einzelnen Film die Wirklichkeit sauber abgebildet ist und die Arbeit den journalistischen Standards entspricht.“ Die Redaktion müsse aber über solche Gesuche informiert werden. Für dokumentarische Formate wie „Menschen hautnah“ hat die WDR-Fernsehchefredakteurin Ellen Ehni eine solche Vorgehensweise allerdings ausgeschlossen. Das sei „nicht akzeptabel“.