WDR-Recherche als Odyssee : Wie ich einmal vom WDR Auskunft haben wollte
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Schön verschachtelt ist auch die Architektur: Blick auf die WDR-Arkaden in Köln Bild: picture alliance / JOKER
Es war eine schlichte Frage: Unterhält ein Rundfunkrat des Westdeutschen Rundfunks geschäftliche Beziehungen zu dem Sender? Die Antwort kam erst nach einigen Prozessen, sieben Jahre später.
Ein Sommerabend im Juli 2006. Ich schaute mir die Website des WDR-Rundfunkrats und die Lebensläufe der Mitglieder an. Einer von ihnen, Horst Schröder, gab an, seit 1998 „Medienberater für Banken und Medienunternehmen“ zu sein. Schröder verfügt über gute Kontakte zum WDR. Er war dort sieben Jahre lang im Bereich der Auftragsvergabe tätig. Anschließend war er fünf Jahre lang Herstellungsleiter und Geschäftsführer bei zwei Produktionsfirmen, die Sendungen mit dem und für den Westdeutschen Rundfunk produzierten.
Am nächsten Tag fragte ich Schröder telefonisch, ob unter den Begriff „Medienunternehmen“ auch der WDR falle, in dessen Kontrollgremium er sitzt. Im WDR-Gesetz hieß es damals, dass „kein Mitglied“ und kein Stellvertreter im Rundfunkrat „unmittelbar oder mittelbar“ mit der Anstalt für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen dürfe, weder als Inhaber noch als sonstiger „Vertreter eines Unternehmens“. Die Regelung soll Interessenkonflikte vermeiden, die entstehen könnten, wenn die Kontrolleure des Senders von diesem wirtschaftliche Vorteile eingeräumt bekommen. Auf meine Anfrage hin wollte mir der Rundfunkrat Schröder keine Auskunft geben.
Der WDR weigert sich Informationen preiszugeben
Ich wandte mich an den WDR. Doch der Sender mauerte ebenfalls. Die Pressestelle bat mich, die Anfrage schriftlich zu stellen. Meine Frage lautete, ob bestimmte Firmen Aufträge des WDR erhielten; wenn ja, in welchem Umfang und ob es jeweils eine Ausschreibung gab. Bei meiner Anfrage stützte ich mich auf das Pressegesetz und auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG). Dieses noch junge Gesetz räumt jedermann das Recht ein, Auskünfte von öffentlichen Stellen zu erhalten.
Meine Anfrage aus dem Sommer 2006 hatte der WDR im April 2007 immer noch nicht beantwortet. Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit NRW (LDI NRW), die ich deswegen im Rahmen ihrer Ombudsfunktion, die sie für das Informationsfreiheitsgesetz innehat, eingeschaltet hatte, bat daraufhin den WDR offiziell um Stellungnahme. Es entwickelte sich ein ausgiebiger Schriftverkehr, der sich bis in den Sommer 2008 hinzog. Gegenüber der Landesbeauftragten behauptete der WDR zunächst, keine „informationspflichtige Stelle“ im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes zu sein. Die Datenschutzbeauftragte wies den WDR aber mehrmals darauf hin, dass er mir nach dem Gesetz Auskunft erteilen müsse. Erst im März 2008 teilte mir der WDR endlich mit, dass er mir die Auskunft nicht erteilen wolle. Ein Argument des WDR: Meine Anfrage betreffe „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“: „Würden die Angaben veröffentlicht, würde insoweit ein wirtschaftlicher Schaden entstehen, als Geschäftspartner im Rahmen andauernder oder zukünftiger Auftragsverhältnisse ihre Geschäftsbeziehungen zum WDR einstellen“ würden.
Gegen geltendes Recht
Ich erhob daraufhin Auskunftsklage gegen den WDR vor dem Verwaltungsgericht Köln. Mit dieser befasste sich im Juni 2008 auch der Landtag Nordrhein-Westfalen: Der heutige Medien-Staatssekretär und damalige WDR-Rundfunkrat Marc Jan Eumann (SPD) hatte die Landesregierung im Hauptausschuss des Parlaments gebeten, über einen Konflikt zwischen der Datenschutzbeauftragten und dem WDR Bericht zu erstatten.