Corona-Fonds für Fernsehdrehs : Kleiner Baustein, große Wirkung
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Los geht’s: Ralph Herforth, Alexandra Maria Lara, Headautor und Regisseur Jörg Lühdorff und Ceci Chuh (v.l.) am Set der neuen TV-Now-Serie „Die Zeugen“. Bild: RTL/Ufa
Wir brauchen einen von den Ländern gestützten Ausfallfonds für die deutsche Fernsehproduktion – unter Eigenbeteiligung von Sendern und Produzenten. Ein Gastbeitrag.
Als sich die Corona-Stille wie Mehltau über unser Land legte, hielt auch ein großer Teil unserer Branche einen Moment inne. Zwangsläufig. Wie hätten wir auch sonst reagieren können? Die Sicherheit unserer Angestellten und Anvertrauten ging vor: von der Schauspielerin zum Produktionsfahrer, vom Moderator bis hin zur Maske. Als Produzenten und Sendervertreter wollten wir niemanden vor oder hinter der Kamera gefährden.
Dabei ging es uns Fernsehmachern in Deutschland im Vergleich zu Kollegen und Kolleginnen anderer Länder noch gut. Wir konnten auch in den schwersten Wochen des epidemischen Ausbruchs die meisten Studioproduktionen weiterführen und dadurch Millionen von Menschen zu Hause einen Funken Leichtigkeit und Ablenkung in einen verunsicherten Alltag bringen. Und wir konnten dank der engen Abstimmung mit dem Bundesarbeitsministerium, den Berufsgenossenschaften und den lokalen Gesundheitsämtern ab Ende Mai wieder beginnen zu drehen. Das Hygiene- und Abstandskonzept als die entscheidende Voraussetzung dafür ist ein partnerschaftliches Werk. Es wurde unter maßgeblicher Beteiligung der Produzentenallianz als Dachorganisation der deutschen Film- und Fernsehproduzenten erarbeitet, in enger Abstimmung mit den Behörden und mit der beherzten Unterstützung der deutschen Fernsehsender.
Es ist diese solidarische Partnerschaft zwischen Produzenten, Sendern und öffentlicher Hand, um die uns unsere Kollegen in anderen Ländern beneiden und die letztendlich dazu geführt hat, dass wir wieder drehen können. Ist also alles in Ordnung? Nein, es fehlt noch ein wichtiges Puzzlestück. Denn alle jetzt laufenden Produktionen leben mit dem Damoklesschwert eines erneuten pandemischen Ausbruchs, ob national oder auch regional, wie in den letzten Tagen an verschiedenen Punkten Europas geschehen. Wie wir in den kommenden Tagen und Wochen mit diesem Damoklesschwert umgehen, wird die Zukunft und die Vielfalt der deutschen Produktions- und Fernsehwirtschaft maßgeblich prägen.
Die deutsche Produktionslandschaft ist von kleinen und mittleren Unternehmen getragen; ihre Stärke liegt darin, dass die Kreativen die Freiheit haben, ihre Visionen umzusetzen. In ihrer wirtschaftlichen Beschaffenheit sind viele deutsche Produzenten aber vom Projektgeschäft abhängig: Sie produzieren ein oder zwei Programme im Jahr. Ihre Eigenkapitaldecke ist oft dünn. Von viel Fett können sie im schlimmsten Fall nicht zehren, schon gar nicht nach den Monaten der Corona-Krise. Für die Eventualität eines Produktionsausfalls ist die Vielzahl der Produktionsunternehmen schlicht und einfach nicht gewappnet.
Und diese Risiken können auch insbesondere privatwirtschaftlich organisierte Sender nicht länger auffangen. Spürbar getroffen durch den massiven Einbruch der Werbewirtschaft im zweiten Quartal, haben die Sender solidarisch einen großen Teil der Verschiebe- und Abbruchkosten der ersten Corona-Welle getragen. Diese Regelungen werden auslaufen, denn sie sind perspektivisch schlichtweg nicht mehr finanzierbar. Denn jenseits dessen tragen die Sender neben ihren Produktionsbudgets aktuell auch die Mehrkosten, die den Produzenten durch strenge Quarantäne- und Hygieneauflagen entstehen. Und dass die Sender in wirtschaftlich schwierigsten Zeiten an der Beauftragung ihrer Produktionen weitestmöglich festhalten wollen, ist angesichts der aktuellen Lage alles andere als selbstverständlich.
In dieser Situation kann nur ein durch die öffentliche Hand garantierter Ausfallfonds helfen, weil sich die Versicherungswirtschaft selbst bisher einer Lösung verschließt. Beispiele aus anderen wichtigen Fernsehmärkten wie Großbritannien oder auch Nachbarn wie Österreich, schnell und pragmatisch umgesetzt, können hier den Weg weisen. Die bei uns durch Staatsministerin Monika Grütters angekündigten fünfzig Millionen Euro sind ein solides Signal.