Vier Jahre jünger, um die NS-Zeit zu überleben
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In der NS-Zeit wies ihn ein Postausweis als Max Gemberg aus, mit dem Dokument entkam er dem Holocaust: Michael Degen. Bild: dpa
Am 9. April ist der Schauspieler Michael Degen verstorben. Im Alter von 90 Jahren, dachte man. Dabei war er älter. Seine Mutter hat sein Geburtsdatum verändert, aus einem existenziellen Grund, von dem die „Bild“-Zeitung nichts wissen will.
Als der Rowohlt-Verlag am 12. April mitteilte, dass Michael Degen drei Tage zuvor im Alter von 90 Jahren gestorben war, reagierten die Medien mit achtungsvollen Nachrufen: Hauptnachrichten des Fernsehens, Onlinedienste und Tageszeitungen würdigten das Lebenswerk des deutsch-israelischen Schauspielers und Autors in den höchsten Tönen. Doch es dauerte nur wenige Tage, bis die ersten „Geheimnisse“ aus dem Leben Michael Degens in den Schlagzeilen des Boulevards auftauchten. Zunächst öffneten ein 1999 geborener, unehelicher Sohn und dessen Mutter ihr privates Fotoalbum und legten den medialen Grundstein für einen vermeintlich „bitteren Erbstreit“. Vor wenigen Tagen folgte die „Enthüllung“, Degen sei zum Zeitpunkt seines Todes bereits 94 Jahre alt gewesen, habe also vier Lebensjahre verschwiegen. „Die Gründe für den Schummel beim Alter? Unklar“, heißt es im Bericht der „Bild“ zur Schlagzeile.
Dabei wäre es für die Autoren leicht gewesen, den wahren Grund zu ermitteln und zu veröffentlichen: Es war Degens resolute Mutter Anna (1906–1975), die ihrem Sohn in den letzten Kriegsjahren eine neue Identität und ein geändertes Geburtsjahr beschaffte – nicht aus Eitelkeit, weil der Junge später Schauspieler werden könnte, sondern aus der Not und dem Willen heraus, als untergetauchte Juden in Berlin zu überleben.
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