Showdown in Sachsen-Anhalt : Heiliger Rundfunkbeitrag
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Sitzt in Sachen Rundfunkbeitrag zwischen Baum und Borke: Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) Bild: EPA
Was passiert im Landtag von Sachsen-Anhalt? Lehnt die CDU den höheren Rundfunkbeitrag ab? Die AfD lacht sich ins Fäustchen. Mit Ministerpräsident Reiner Haseloff möchte man nicht tauschen.
Die SPD bleibt mit ihrem Versuch, die CDU im Landtag von Sachsen-Anhalt wegen deren Ablehnung der Erhöhung des Rundfunkbeitrags in die ultrarechte Ecke zu rücken, nicht allein. Auch die Grünen haben das Potential der für Mitte Dezember anstehenden Abstimmung erkannt. Das Verhalten der CDU, sagte die grüne Landtagsabgeordnete Dorothea Frederking im „Neuen Deutschland“, sei ein „Tabubruch“ und „populistisch motiviert“, sie breche die sachsen-anhaltinische Koalition, die „als Bollwerk“ gegen rechts angetreten sei. Ähnlich hatte sich zuvor die SPD-Bundestagsabgeordnete Katrin Budde geäußert. Die AfD wiederum, die den höheren Rundfunkbeitrag ebenfalls ablehnt, spielt ihr übliches Spiel und bittet die CDU bei der Abstimmung zum Schulterschluss.
Konstruktiver, als die braune Karte zu ziehen, erscheint ein Entschließungsantrag, den die SPD-Landtagsfraktion vorschlägt. Sie ersucht den Koalitionspartner CDU um Zustimmung zum höheren Beitrag, würde dies aber mit einem Antrag verbinden, der konkrete Forderungen an die öffentlich-rechtlichen Sender stellt: Die von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (Kef) benannten Einsparpotentiale der Sender sollten ausgeschöpft, Doppelstrukturen abgeschafft, regionale Strukturen gefördert, die ostdeutschen Länder stärker berücksichtigt, mehr kulturelle und vielfältige Sportprogramme angeregt und überzogene Intendantengehälter gekappt werden.
Das klingt gut, entspricht nur leider dem Mantra, mit dem Medienpolitiker aller demokratischen Parteien seit Jahren an die Sender herantreten, ohne dass sich je etwas geändert hätte. Als Versuch, den Koalitionsfrieden zwischen CDU, SPD und Grünen in Sachsen-Anhalt zu wahren, mag einem der Appell einleuchten, Aussicht auf Realisierung hat er in diesem Jahrhundert nicht.
Wie die Linke ihre Zweifel am Geldsegen beiseite legt
In der Haut des Ministerpräsidenten Reiner Haseloff möchte man nicht stecken. Er hat den Staatsvertrag zur Erhöhung des Beitrags passieren lassen und nicht selbst gekippt. Er hat zu Protokoll gegeben, dass er die Erhöhung nicht goutiert, will aber verhindern, dass seine Landtagsfraktion mit der AfD verrechnet wird und seine Koalition platzt. Erstaunlich ist bei all dem, wie locker die Linke ihre Zweifel am Geldsegen für die öffentlich-rechtlichen Sender beiseitelegt, wenn es darauf ankommt. Sie reibt sich zwar am üppigen Gehaltsgefüge der Anstalten, das ihren Wählern kaum gefallen wird, doch es folgt nichts daraus.
Von einer Seite, die nicht die AfD ist, bekommt die CDU in Sachsen-Anhalt derweil Unterstützung für ihre Ablehnung des erhöhten Rundfunkbeitrags: Der Fachverband Rundfunk- und Breitband-Kommunikation (FRK) ersucht die Fraktion ausdrücklich, nicht zuzustimmen. Die Beitragserhöhung trage zur Wettbewerbsverzerrung auf dem Breitband- und Kabelmarkt zu Lasten mittelständischer Unternehmen bei. Großen Playern auf diesem Markt, wie Vodafone, Unity Media und Kabel Deutschland, zahlten ARD und ZDF sogenannte „Einspeisegebühren“, kleineren Anbietern jedoch nicht.
Der Geschäftsführer der Münchner Filmfirma Tellux, Martin Choroba, appelliert an die CDU-Fraktion in Magdeburg indes, der Beitragserhöhung zuzustimmen, wie die Katholische Nachrichtenagentur berichtet. Sein Argument: Große Projekte wie das von der „cross media Medienproduktion“ aus Halle für den Kinderkanal Kika erstellte Krippenspiel würde es ohne eine „bedarfsgerechte“ Finanzierung des Rundfunks nicht mehr selbstverständlich geben. Das ähnelt dem Hinweis des ARD-Vorsitzenden Tom Buhrow, der gesagt hatte, dass die öffentlich-rechtliche Digitalplattform, die mit Sitz in Halle geplant sei, wohl nicht komme – wenn der Rundfunkbeitrag zum 1. Januar nicht auf 18,36 Euro pro Monat steige.
Zur in der nächsten Woche anstehenden Beratung im Medienausschuss des Landtags zieht die ARD nun noch einen Trumpf aus dem Ärmel. Lässt sie sonst das Meinungsforschungsinstitut dimap nach Wahlabsichten oder der Haltung zu den Corona-Maßnahmen von Bund und Ländern fragen, wollte sie diesmal bei einer Umfrage unter 1001 repräsentativ ausgewählten Wahlberechtigten in Sachsen-Anhalt wissen, ob sie der Erhöhung des Rundfunkbeitrags zustimmen würden. Die Mehrheit ist knapp: 54 Prozent. AfD-Wähler seien, so die Mitteilung, mehrheitlich dagegen, alle anderen dafür: Grünen-Wähler zu 84 Prozent, Linke-Wähler zu 66 Prozent, SPD-Wähler zu 66 Prozent – und CDU-Wähler zu 58 Prozent. Das nennt man einen Wink mit dem Zaunpfahl.