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Zum Tod von Vivienne Westwood : Die Dame war ein Punk

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Die britische Modeschöpferin Vivienne Westwood ist im Alter von 81 Jahren gestorben. Bild: EPA

Vivienne Westwood hat den Punk und die Politik in die Mode gebracht. Ein Faible für historische Gewänder hatte sie auch. Am Donnerstag ist die Modedesignerin im Alter von 81 Jahren gestorben. Ein Nachruf.

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          „Diese Frau war einmal ein Punk“. So lautete 1989 die Schlagzeile unter dem Titelbild des britischen Hochglanzmagazins „Tatler“, auf dem Vivienne Westwood die damalige Premierministerin Margaret Thatcher zum Verwechseln ähnlich verkörperte.

          Gina Thomas
          Feuilletonkorrespondentin mit Sitz in London.

          Die aufsässige Modeschöpferin, die schon in jungen Jahren bekundete, dem System einen Knüppel zwischen die Beine werfen zu wollen, trug ein Kostüm der konventionellen Marke Aquascutum. Thatcher hatte es bestellt, sich aber dann umentschieden. Westwood, die ewige Provokateurin und Aktivistin, wollte die Premierministerin mit dieser Aktion als herzlose Heuchlerin entblößen.

          Punk und Faszination für historische Kostüme

          Heftige politische Gefühle und der Wunsch, gegen den Strich zu bürsten, gehörten denn auch zu den Merkmalen der Designerin, die ihre berufliche Karriere als Grundschullehrerin begonnen hatte. Ihre Entwürfe prägten Anfang der siebziger Jahre die Punk-Ära. Damals hatte sie mit ihrem Lebensgefährten Malcom McClaren, dem späteren Manager der Punkband „Sex Pistols“, in der Londoner King‘s Road einen Laden eröffnet, dessen häufig wechselnder Name die Dynamik ihres Wesens, der Zeit und des Milieus spiegelte.

          Bei aller Aufsässigkeit verriet ihr Stil auch eine Faszination für historische Kostümen und Stoffe wie Tweed und Tartan, denen sie einen eigenwilligen schrägen Schliff verlieh.

          Aus einer mittelenglischen Arbeiterfamilie stammend, wurde sie als enfant terrible vom Establishment gefeiert und als Dame des Britischen Empire geadelt. Für die Hochzeit von Prinz William und Kate Middleton ließ sich Prinzessin Eugenie, die Cousine des Bräutigams, sogar von Vivienne Westwood mit drei verschiedenen Outfits ausstaffieren.

          Politisches Engagement mit dem passenden Outfit: Westwood auf dem Weg zu einer Anhörung, um den Wikileaks-Gründers Julian Assange im Kampf gegen die Auslieferung an die Vereinigten Staaten zu unterstützen.
          Politisches Engagement mit dem passenden Outfit: Westwood auf dem Weg zu einer Anhörung, um den Wikileaks-Gründers Julian Assange im Kampf gegen die Auslieferung an die Vereinigten Staaten zu unterstützen. : Bild: dpa

          Vivienne Westwood engagierte sich an vielen Fronten. Sie war Mitglied der Kampagne für die atomare Abrüstung, sie setzte sich leidenschaftlich für Umweltfragen ein, entwarf eine ganze Kollektion zu Ehren der amerikanischen Whistleblowerin Chelsea Manning und unterstützte den in England inhaftierten Wikileaks-Gründer Julian Assange, gegen dessen Auslieferung an die Vereinigten Staaten sie in einem riesigen Vogelkäfig in wellensittichgelber Kleidung protestierte.

          Am Donnerstagabend ist Vivienne Westwood Abend im Alter von 81 Jahren im Kreise ihrer Familie zu Hause im Süden Londons friedlich gestorben. Sie habe bis zum letzten Augenblick getan, was sie liebte: zu entwerfen, Kunst zu machen, an einem Buch zu arbeiten und die Welt zum Besseren zu verändern.

          Zahlreiche Politiker, Künstler und langjährige Wegbegleiter würdigten die Modedesignerin für ihr Lebenswerk. „Vivienne Westwood war eine kreative Ikone, die geholfen hat, den Platz Großbritanniens an der Spitze der modernen Mode zu festigen“, schrieb der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan am Donnerstagabend auf Twitter. Die britische Kulturministerin Michelle Donelan sprach von einem „traurigen Tag“: Westwood sei eine überragende Figur der britischen Mode gewesen. „Ihr Punk-Stil schrieb das Regelbuch in den 1970er Jahren neu und wurde weithin dafür bewundert, wie sie ihr ganzes Leben lang ihren eigenen Werten treu blieb“, twitterte Donelan.

          Ihr Ehemann Andreas Kronthaler, mit dem sie rund 30 Jahre verheiratet war, verabschiedete sich mit persönlichen Worten: „Wir haben bis zum Ende gearbeitet, und sie hat mir viele Dinge mitgegeben, mit denen ich weitermachen kann. Danke, Liebling.“

          Auch zahlreiche Größen aus der Mode, Musik und dem Film gedachten der Designerin. Das Genie von Vivienne Westwood und ihre einzigartige Stimme seien unersetzlich und würden vermisst werden, schrieb Supermodel Claudia Schiffer in einer Instagram-Story. Künstlerin Yoko Ono schrieb auf Twitter: „Was für eine Frau - so jung im Herzen, motiviert, schön und elegant.“ Popstar Boy George nannte Westwood in einem Tweet die „unangefochtene Königin der britischen Mode.“ Ex-Spice-Girl Victoria Beckham kondolierte in einer Instagram-Story Westwoods Familie. Schauspielerin Jamie Lee Curtis nannte Westwood auf Instagram eine „wahre Ikone“ und schrieb: „Rest in Punk“ (wortwörtlich übersetzt: „Ruhe in Punk“).

          In einer Mitteilung auf Westwoods offiziellem Instagram-Account hieß es: „Vivienne tat bis zum letzten Moment weiter die Dinge, die sie liebte, sie designte, arbeitete an ihrer Kunst, schrieb ihr Buch und veränderte die Welt zum Besseren. Sie führte ein erstaunliches Leben. Ihre Innovation und ihr Einfluss in den vergangenen 60 Jahren waren immens und werden sich auch in Zukunft fortsetzen.“ Westwood habe sich als Taoistin betrachtet. Sie war noch im hohen Alter bei Demonstrationen dabei, engagierte sich für den Umweltschutz und forderte die Freilassung von Wikileaks-Gründer Julian Assange. „Die Welt braucht Menschen wie Vivienne, um etwas zum Besseren zu verändern“, hieß es in der Instagram-Botschaft.

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