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Kommentar zum Datensammeln : Verfolgungswahn

Jäger und Sammler: Google-Apps auf dem Android-Betriebssystem. Bild: Getty

Eine Studie der Universität von Oxford belegt: 90 Prozent von über 959.000 Apps in Googles Play-Store verfolgen das Verhalten ihrer Nutzer und liefern die Daten an ein Netzwerk von Drittanbietern.

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          Herauszufinden, was Internetnutzer im Netz treiben – welche Seiten sie besuchen, wie lange sie bleiben und was sie dort genau tun – und die gesammelten Daten dann an Unternehmen zu verkaufen, die damit Werbung auf den einzelnen hin zuschneiden – das ist seit Längerem ein großer Reibach. 59,6 Milliarden Dollar brachte das allein in Amerika ein (im Jahr 2015).

          Die Studie „Drittanbieter-Tracking im mobilen Ökosystem“ der Universität Oxford in Zusammenarbeit mit dem ebenfalls dort ansässigen „Reuters Institute for the Study of Journalism“ hat versucht, das Ausmaß der Nutzerverfolgung durch Tracking-Programme innerhalb einzelner Apps, also im Bereich der mobilen Endgeräte (Smartphones und Tablets) darzustellen. Ergebnis: Etwa neunzig Prozent der 959.000 untersuchten Apps weisen Tracking-Programme von Drittanbietern (Third-Parties) auf. Die meisten gehören Firmen aus Amerika (865.369 Apps), gefolgt von China (48.451), Norwegen (30.674), Russland (24.889) und Deutschland (24.773). 88,4 Prozent der Tracker stammen aus dem Hause Alphabet. Oft sind mehrere Tracker (und mit ihnen verschiedene Unternehmen) in eine einzigen App integriert, so dass alle gleichzeitig mit Nutzerdaten versorgt werden.

          Die meisten Tracker wiesen laut Studie News- und Spiele-Apps auf. Der Einbau von Trackingsoftware ist meist Voraussetzung für die Aufnahme in den Google-Play-Store. Schließlich hat Googles Mutterkonzern Alphabet ein Interesse daran: Von einem Gesamtumsatz von 32,66 Milliarden im zweiten Quartal 2018 entfielen 28,09 Milliarden auf Werbung.

          Die Regulierung dieser weltumspannenden Technik ist ein Mammutprojekt. Nicht nur weil Nutzer, Betriebssystem- und App-Entwickler, Hersteller, die Betreiber alternativer Plattformen und die Trackingunternehmen selbst involviert sind, sondern weil die rechtliche Situation von Land zu Land unterschiedlich ist. Hinsichtlich des Trackings attestieren die Forscher aus Oxford der Europäischen Union mit ihrer neuen Datenschutz-Grundverordnung den „strengsten und weitsichtigsten“ Ansatz. Deutlich macht die Studie derweil vor allem eins: In welchem Ausmaß Nutzer für vermeintlich kostenlose Apps mit ihren Daten zahlen.

          Axel Weidemann
          Redakteur im Feuilleton.

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