Urheberrecht : Die Musikindustrie sieht ihrer eigenen Enteignung zu
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Zeit für den Blues: Die Musikindustrie läuft der Digitalisierung hinterher - Melody Gardot konzertiert Bild: dpa
Im Internet sind Musik und Videos massenhaft verfügbar, aber davon profitieren nur Google und YouTube. Künstler und unabhängige Musikunternehmen werden von den ihnen eigentlich zustehenden Einnahmequellen abgeschnitten. Kann eine Kultur-Flatrate aus der Misere führen?
Als der Apple-Chef Steve Jobs im April 2001 den iTunes Music Store vorstellte, waren die Musikkonzerne Universal, Sony, BMG, EMI und Warner gerade dabei, vier amerikanische Studenten auf 98 Millionen Dollar Schadensersatz zu verklagen. Ihnen wurde vorgeworfen, das universitäre Computernetz missbraucht zu haben. Sie hatten eine Software geschrieben, die es jedem Studenten erlaubte, Musiktitel auf Rechnern des Campus zu orten und auf eigene Festplatten zu kopieren.
Lange hatten sich die Konzerne auf den Schutz der eigenen Rechte und die Verfolgung von Missbrauch konzentriert. Sie krankten an den Folgen der Erfindung, die ihnen bis in die Neunziger hinein einen letzten Boom beschert hatte. Mit der CD bot sich die Chance, Musik aus drei Jahrzehnten in neuer Verpackung und mit viel Gewinn noch einmal auf den Markt zu werfen. Aber die Musikbranche hat diese goldenen Zeiten nicht richtig genutzt und es versäumt, die digitale Revolution als Chance zu begreifen und ihre Künstler und Titel selbst online erfolgreich zu verkaufen. Stattdessen ließ sich die Branche zum Lieferanten sogenannter Contents degradieren. Heute werden Musiktitel im Internet großenteils über Firmen wie Apple, T-Online oder AOL verkauft.
Keine Chance gegen kostenlos
In der Zwischenzeit ist eine neue Generation herangewachsen, die legales Download als eher ungewöhnlich empfindet. Diese Entwicklung ist in Anbetracht des langen Zögerns der Musikbranche, legale Downloads möglichst kundenfreundlich anzubieten, nicht verwunderlich. Hinzu kommt, dass mittlerweile Hunderte von Filesharing-Anbietern und illegalen Downloadportalen im Netz zu finden sind, bei denen man mit einem Klick den Titel herunterladen kann. Laut des Bundesverbands Musikindustrie (BVMI) wurden im Jahre 2008 weltweit 40 Milliarden Dateien illegal heruntergeladen. Damit würden auf einen gekauften Titel rund 20 illegale Downloads entfallen. BVMI-Geschäftsführer Stefan Michalk kapitulierte: „Gegen kostenlos kann man nicht konkurrieren.“
Es scheint, als habe die Musikindustrie zwar zwischenzeitlich erkannt, dass die Zukunft in der digitalen Welt zu finden ist. Gleichwohl begehen die Konzerne die gleichen Fehler wie am Anfang der Entwicklung. Das Verfahren gegen die Studenten endete mit einem Vergleich, bei dem diese 15.000 Dollar Buße zu zahlen hatten. Bei der Videoplattform YouTube, die Google im Oktober 2006 übernahm, wurden ebenfalls in den letzten Jahren statt Lizenzvereinbarungen Vergleiche mit Schadensersatzzahlungen vereinbart. Damit wurde ein weiteres Mal die Chance verpasst, grundsätzliche Regelungen zu diskutieren und für die ganze Branche - und damit auch für die Künstler - dringend benötigte Einnahmequellen zu erschließen.
Ohne Rechtsgrundlage