TV-Produktion in Corona-Krise : Drehen wir in diesem Jahr nicht mehr?
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Klappe und keine Action: Mit Beginn der Eindämmungsmaßnahmen in der Corona-Krise steht die Filmbranche vor der Frage, wie geht es weiter. Bild: dpa
Das Versprechen des ZDF, sofort mit Geld zu helfen, gibt manchen freien Film- und Fernsehproduzenten Hoffnung, dass sie die Corona-Krise überstehen. Das gilt freilich nicht für alle.
Wir haben verstanden. Das wollte ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler mit seinem Schreiben an die Produzentenallianz offensichtlich klarstellen. In seinem Brief verspricht er den Auftragsproduzenten, es sei möglich, Abschlagszahlungen auf die in den Auftragsproduktionsverträgen vorgesehenen nächsten Raten zu leisten: „Dies soll die Liquidität der Produzenten unterstützen. Hierzu hat das ZDF im Rahmen der bestehenden Haushaltsansätze eine Fonds von bis zu fünfzehn Millionen Euro gebildet.“ Das Angebot hatte der Sender am Dienstag publik gemacht.
Uli Aselmann, stellvertretender Vorsitzender der Produzentenallianz, begrüßt im Gespräch mit dieser Zeitung dieses Angebot als „ganz wichtigen Schritt in die richtige Richtung“. Nun komme es darauf an, die versprochenen Maßnahmen möglichst bald umzusetzen. Und auch der Produzent Sven Burgemeister (tv60) ist sich nach einem persönlichen Gespräch mit dem ZDF-Intendanten Thomas Bellut sicher: „Das ist ein partnerschaftliches Signal zur Soforthilfe. Wir Produzenten freuen uns über die Solidarität.“
Doch passieren in der Produktionsszene einige widersprüchliche Dinge gerade gleichzeitig. Ein Produzent, der nicht genannt werden will, berichtet, dass ihm die Herstellungsleitung noch vor zwei Tagen mitgeteilt habe, es gebe kein Geld. Wegen der Corona-Krise seinen zurzeit „alle Geldtöpfe eingefroren“. Den Produzenten stürzt das in die existentielle Krise. Ende des Jahres hätten er und andere ein „Loch in den Büchern, von dem keiner weiß, wer es füllen soll“. Allein die laufenden Lohnkosten summierten sich monatlich auf mehrere hunderttausend Euro. Man könne die Kosten schließlich nicht einfrieren, das ursprüngliche Angebot der öffentlich-rechtlichen Sender, fünfzig Prozent der Produktionskosten zu übernehmen, sei ein zu schwacher Trost.
Der freie Produzent Georg Feil („Die Katze“), einst bei der von den öffentlich-rechtlichen Sendern getragenen Bavaria und Lehrbeauftragter an der Hochschule für Fernsehen und Film München (HFF), sagt es deutlicher. Er habe mitbekommen, wie einige spruchreife Projekte junger Produktionsfirmen gerade wegen der Corona-Krise abgesagt worden seien. Feil mahnt die Sender, ganz schnell Hilfe zu leisten. „Wer nicht jetzt umgehend Geld bekommt, braucht bald gar keins mehr, denn er landet in der Insolvenz“, beschreibt er die verzweifelte Lage der Firmen, die nur ein bis zwei Filme pro Jahr drehen und vom aktuellen Drehstopp ins Mark getroffen werden.
Weil der Umgang mit Dreharbeiten Ländersache und auch jetzt noch nicht bundeseinheitlich verboten sei, könne man in einigen Ländern an nichtöffentlichen Plätzen, also in Innenräumen, drehen. „Ich höre von einigen Produktionen, die davon Gebrauch machen, die Bücher umschreiben und einfach innen drehen. Aber für die Übertragung von Corona ist das ja kontraproduktiv: statt draußen an der frischen Luft eher in geschlossenen Räumen beengt zu drehen. Da fördert die nackte Existenzangst doch eher die Ausbreitung des Virus.“ Feil, der Mitglied der Deutschen Filmakademie ist, hat seine Zweifel, dass die von den Sendern angekündigten Maßnahmen ausreichen. „Das sind vollmundige Beteuerungen. Ich sehe nicht, dass da im Moment etwas ankommt. Jetzt ist akute Liquidität gefragt und nicht die Hälfte von irgendwas aus der Zukunft. Da drohen gerade jede Menge Insolvenzen, denn auf diesen Fall war offensichtlich niemand vorbereitet.“
Hoffnung und Untergangsstimmung liegen bei kleineren und mittelständischen Produzenten zurzeit nahe beieinander. Während einige der von uns Befragten gehört haben wollen, dass die Bavaria mit dem 1. Juni als Termin für den möglichen Wiederbeginn von Dreharbeiten plane, haben andere die Prognosen des Virologen Christian Drosten von der Berliner Charité vor Augen: Folge man diesen, würden in diesem Jahr gar keine Filme und Serien mehr gedreht.