TV-Film „Der 7. Tag“ : Sie ahnte schon, wohin der Hase läuft
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Noch haben sie keine Spur: Die Ermittler Rainer Warnke (Henning Baum) und Tanja Braungart (Josefine Preuß) durchsuchen eine Wohnung. Bild: ZDF und Roland Suso Richter
Kein Verlag wollte den Thriller „Der 7. Tag“ von Monika von Ramin haben. Also verlegte sie das Buch selbst. Es wurde zum Bestseller. Das ZDF macht einen spannenden Krimi daraus, dem es an nichts mangelt.
Die Geschichte hätte sich kein Marketing-Mitarbeiter von Amazon besser ausdenken können: Kurz vor der Jahrtausendwende schrieb Monika von Ramin das Manuskript zu einem Thriller mit dem Titel „Der siebte Tag“. Die großen Verlage waren nicht interessiert. Dreizehn Jahre später kam das Buch aber dann doch auf den Markt – Ramin hatte in der Zwischenzeit ein Lesegerät für elektronische Bücher geschenkt bekommen und mit einer Self-Publishing-Plattform experimentiert. Sie wählte das Pseudonym Nika Lubitsch, lud nach einer Kurzgeschichten-Sammlung auch den Krimi ins Netz. Und die Leser dankten es ihr: Seit August 2012 sollen mehr als 350 000 Exemplare des „Siebten Tages“ verkauft worden sein.
Jetzt kommt die Verfilmung, eingerichtet und umgedichtet von Oliver Berbens Produktionsfirma Moovie. Sie beginnt mit jenem blutigen Messer, das auch das Cover der Romanvorlage schmückt, nur dass dieses Messer hier vorerst noch unter einer Bettdecke liegt – bis es von einer jungen Frau namens Sybille (Stefanie Stappenbeck) ertastet wird, die in einem Hotel schlaftrunken erwacht. Hat sie den Mann zerstückelt, dessen blutverschmierter Körper in der allerersten Einstellung für eine Sekunde ins Bild flimmern darf? Und dann vor Erschöpfung alles vergessen? Das kommt ja angeblich in den besten Familien vor. Ein Wort gibt das andere, und zack, ist mindestens einer der Streitenden mausetot. Danach sucht man stundenlang nach einem geeigneten Platz, um die Leiche zu vergraben.
Doch auf der Matratze neben ihr ist kein Toter zu sehen. Auch scheint die splitternackte Frau selbst nicht zu wissen, was hier geschah. Weshalb sie lieber gleich Reißaus nimmt, als sie Polizisten vor dem Fenster erspäht. Sie flieht in eine Bar, kontaktiert eine Freundin, erklärt ihr, sie erinnere sich an nichts und bittet um ein Versteck, in dem sie sich sortieren kann.
Im „Hotel Süden“ beginnen unterdessen die Kommissare Rainer Warnke und Tanja Braungart zu ermitteln, wie man es aus dem Fernsehen so kennt. Warnke wird vom „letzten Bullen“ Henning Baum brummelnd und mit Kante gespielt; Braungart von Josefine Preuß, die sich mit ernstem Blick von ihrem „Türkisch für Anfänger“- und „Lotta“-Image zu befreien sucht. Eine Abweichung vom Gewohnten ist allein der Rollstuhl, an den Warnke seit einem Unfall gefesselt ist. Aber auch das gab es schon einmal zu sehen, 2016 bei den „Toten von Salzburg“ oder weiland bei Raymond Burrs Sechziger-Krimiserie „Der Chef“.
Derweil die beiden Kommissare das Zimmer mit der dort dann doch gefundenen Leiche untersuchen, erkennt Warnke den Mann. Es ist der Notar Michael Thalheim, der einst mit veruntreuten Mandanten-Millionen nach Brasilien durchbrannte – und seine nichtsahnende Frau zurückließ. Dabei handelt es sich um ebenjene Frau vom Beginn des Films. Sie verlor damals alles, auch ein ungeborenes Kind. Für einen Mord wäre das ein Motiv, für einen möglichen Totschlag eine Erklärung.
Verdächtig sind allerdings auch die auf großem Fuß lebenden Freunde des Paares, Michaels Kompagnon Ullrich (Marcus Mittermeier) und Gattin Gabi (Katharina Schüttler). Von ihrer Nähe zu Michael und Sybille erzählen allerlei Rückblenden. Gerichtsszenen, wie sie in den ersten Kapiteln der Vorlage vorkommen, deren Titel auf den siebten Tag eines Prozesses anspielt, gibt es hingegen nicht. Auch nicht die Zeitschrift, der Sybille im Buch dann ihre Geschichte erzählt.
Aber so ist das eben, wenn sich das Fernsehen an einen Bestseller hängt. Monika von Ramin schrieb diesbezüglich auf ihrer Website augenzwinkernd über eine Einladung zu den Dreharbeiten und die damit unweigerlich verbundenen inhaltlichen Überraschungen: „Das Fernsehen braucht es eben so.“ Will sagen: „Wenn Henning Baum einen Kriminalkommissar spielt, der in meinem Buch in etwa drei Sätze hatte, dann habe ich eine ungefähre Ahnung davon, in welche Richtung der Hase hoppelt.“
Dabei stammt die Umarbeitung zum Drehbuch von André Georgi, und Regie führte Roland Suso Richter, der mit Stefanie Stappenbeck als Ermittlerin auch schon eine Folge „Ein starkes Team“ gedreht hat. Es sind erfahrene Leute. Sie haben aus der Vorlage einen Krimi gebaut, der niemanden überfordert, sich allerdings auch nicht gerade müht, die Konstruktion der dramaturgischen Mechanik elegant zu verstecken.