https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/tv-kritik/tv-kritik-hart-aber-fair-demokratie-braucht-streit-12750904.html

TV-Kritik: Hart aber fair : Demokratie braucht Streit

  • -Aktualisiert am

Bei der Themenwahl war die Redaktion von Frank Plasberg diesmal besonders ungeduldig Bild: WDR/Klaus Görgen

Frank Plasberg fragte in seiner ersten Sendung nach der Weihnachtspause: „Wann werden wir endlich regiert?“ Was ihm nicht aufgefallen ist? Seit sieben Tagen.

          4 Min.

          Wahrscheinlich hat sie noch niemand vermisst. Oder sie ist in der Berichterstattung über zwei Skiunfälle, einen homosexuellen Fußballer und einen zukünftigen Vorstand der Deutschen Bahn verloren gegangen. Die Regierungserklärung der am 17. Dezember vergangenen Jahres wiedergewählten Bundeskanzlerin. Früher, es ist noch gar nicht solange her, zuletzt am 10. November 2009, wurden darin die Ideen und Leitlinien einer neuen Regierung vorgestellt. Zugleich bekam die Opposition erstmals die Gelegenheit, die Planungen einer neuen Regierung zu kritisieren. Mehr war auch nicht ernsthaft zu erwarten: Es war ja noch gar nicht regiert worden.

          Selbst die rot-grüne Koalition von 1998 oder die schwarz-gelbe Variante von 2009 ließen sich nämlich für ihre berühmten „handwerklichen Fehler“ mehr Zeit als die 28 Tage seit der Wiederwahl Frau Merkels. Darin sind übrigens noch die Weihnachtsfeiertage plus Ferien eingerechnet.

          Wie kann jemand ernsthaft eine Regierung beurteilen, die gerade einmal sieben Tage handeln konnte? Und wo die Regierungschefin bisher noch keinen einzigen Satz über die zukünftigen vier Jahre formulieren durfte, außer einige dürre Bemerkungen zur Europapolitik am 18. Dezember vergangenen Jahres?

          "Fehlstart" nach nur sieben Tagen

          Ganz sicher war dieser Sachverhalt keinem Redakteur  von „Hart, aber fair“ aufgefallen, als sie ihre erste Sendung nach der Weihnachtspause planten. Oder vielleicht sind sie auch der Meinung, auf einen ersten Satz der Kanzlerin wie auf jeden weiteren verzichten zu können, weil dort an inhaltlichen Aussagen nichts zu erwarten wäre. Das mag alles richtig sein, nur erklärt das trotzdem nicht den Titel der Sendung: „Die Große Krach-Koalition - wann werden wir endlich regiert?“

          Frank Plasberg meinte sogar von einem Fehlstart sprechen zu müssen, der den der Vorgängerregierung noch überträfe. Der ehemalige ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender artikulierte seine „Enttäuschung“ über die Koalition. Wohlgemerkt nach sieben Tagen, wo etwa der Vizekanzler von der SPD gerade einmal seinen Terminkalender in der Causa „Papa holt die Tochter aus der Kita ab“ regeln konnte. Übrigens immer Mittwochs.

          Nun wissen wir nicht, wie Brenders Gemütsverfassung aussehen sollte, wenn der Vizekanzler in seiner Funktion als Bundeswirtschaftsminister in den kommenden acht Tagen keinen Masterplan zur Energiewende vorlegen sollte. Lag es dann am Mittwoch? Wohl nicht. Vielmehr fürchtet Brender die Debatte innerhalb der neuen Bundesregierung über die zukünftige Politik. Die Parteien wollten sich damit lediglich inhaltlich profilieren. Nun war allerdings bisher der ernsthafteste Einwand gegen die Bildung der Großen Koalition das befürchtete Ausbleiben jeder Diskussion. Alles werde in Zukunft in den informellen Gremien der Koalitionsparteien entschieden. Was in diesem „Küchenkabinett“ vorgegeben werde, würde man anschließend mit überwältigender Mehrheit durch Bundestag und Bundesrat bringen. Einspruch zwecklos. Ob nun von einer parlamentarischen oder außerparlamentarischen Opposition.

          Weitere Themen

          Habeck ohne Erhard

          FAZ Plus Artikel: Büste entfernt : Habeck ohne Erhard

          Vor 16 Jahren wurde, als Zeichen seiner Verehrung und zur Motivation, eine Büste Ludwig Erhards im Eingangsbereich des Bundeswirtschaftsministeriums aufgestellt. Der Leihgeber hat sie nun entfernen lassen – aus Protest.

          Topmeldungen

          Der frühere Präsident Donald Trump mit Anhängern in Grimes, Iowa

          US-Dokumentenaffäre : Der Fall, der Trump zum Verhängnis werden könnte

          Es gibt konkrete Hinweise darauf, dass Donald Trump bald im Zuge der Ermittlungen wegen mitgenommener Geheimdokumente und möglicher Justizbehinderung angeklagt wird. Der Fall könnte das Ende seiner politischen Karriere bedeuten.
          So viele verzweifeln inzwischen an der Liebe in Berlin, dass ihre Klagen zu einem eigenen Genre in der Popkultur geworden sind.

          Dating in Berlin : Wo Monogamie out ist

          Ghosting, Polyamorie und Unverbindlichkeit: In Berlin folgt die Liebe anderen Gesetzen als im Rest der Republik. Wieso hier so viele Suchende verzweifeln.

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.