TV-Kritik „Die Staatsaffäre“ : Als Kanzlerin flippt die Ferres völlig aus
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Bundeskanzlerin Anna Bremer (Veronica Ferres) betört den französischen Staatspräsidenten Guy Dupont (Philippe Caroit). Bild: obs
Sie schäumt Milch auf, er brät Rührei und dann - funkt es zwischen den beiden. Deutschlands Kanzlerin und Frankreichs Staatspräsident als Liebespaar: So sieht für Sat.1 „Die Staatsaffäre“ aus. Und was sehen wir?
Sie trägt keine bunten Blazer, sondern schwarze Hosenanzüge, aber wen Veronica Ferres hier darstellt, markieren keine äußerlichen Ähnlichkeiten und auch keine inneren Haltungen, sondern ihre Hände: Die nämlich formen die wohlbekannte Raute, und die Schauspielerin ist - die Bundeskanzlerin. Genauer gesagt: die Sat.1-Variante derselben. Sie heißt Anna Bremer, ist, entnehmen wir dem Pressematerial, „vierzig Jahre jung“ und verliebt sich in den französischen Staatspräsidenten Guy Dupont, den der zum Glück tatsächlich französische Schauspieler Philippe Caroit verkörpert - et voilà, fertig ist „Die Staatsaffäre“.

Redakteurin im Feuilleton.
Der Sender feiert den Fernsehfilm als Eröffnung seiner Herbstsaison und komödiantisches Comeback von Veronica Ferres bei Sat.1, und damit aus dem Eventfilm auch ein Event werde, fand die Premiere am vorvergangenen Montagabend in der Astor Film Lounge auf dem Kurfürstendamm statt. Als Veronica Ferres mit ihrem Filmpartner Caroit über den lila Teppich schritt, um dann vor den Kameras mit der Trikolore und einer schwarz-rot-goldenen Flagge zu posieren, klatschte ein kleiner Menschenauflauf. Innen wurde es dann beinahe familiär mit Goudawürfeln, in denen französische Fähnchen pieksten. An den Wänden hingen Plakate zum Film, von denen eines ziemlich genau so aussah wie das zu „Pretty Woman“, wenn man Lackstiefel durch eine Anzughose ersetzt, ein zweites erinnerte an „Ein Pyjama für zwei“. Was die Erwartung weckte, man müsse Veronica Ferres als Bundeskanzlerin irgendwo zwischen Julia Roberts und Doris Day verorten, auf jeden Fall aber im Bett.
Die Tendenz, so viel ist allerdings schon nach den ersten fünf Minuten des Films klar, geht in Richtung deutsche Sauberfrau, und nach weiteren fünf Minuten drängt sich das Gefühl auf: Diese Frau würde gewählt werden. Denn was Regisseur Micky Rowitz zum Einstieg montiert, ist eine Art Wahlwerbespot zum Thema „Die Frau, die für Deutschland alles wuppt“. Küchenszenen aus der Wirtschaftswunderzeit - also die Muttis früherer Tage - prallen auf Bilder von Anna Bremer im Büro, beim Joggen, auf dem Fahrrad, beim Kochen, am Schreibtisch, wobei sie da ein Auge auf das Champions-League-Finale im Fernsehen richtet. „Privatleben und Karriere?“, hören wir diese Kanzlerin aus dem Off sprechen. Die Frage habe sie gelöst, indem sie das Privatleben streiche. Aber „es ist ein gutes Gefühl, ich weiß, wofür ich das tue“. Dafür nämlich, „dass die Leute im Land sicher sind“.
Komödie ohne Grimassen
Solche Sätze sind schon sehr gut abgeschaut und werden hier ohne jede ironische Brechung vorgetragen. Anna Bremer ist tüchtig und sympathisch, sie will „reines Wasser, saubere Luft für uns und unsere Kinder“, das ist total mehrheits- und anschlussfähig. Veronica Ferres’ Lebenspartner Carsten Maschmeyer setzte sich einst für einen Niedersachsen im Kanzleramt ein, die Schauspielerin selbst sagt, sie sei ein Fan von Angela Merkel, ganz parteiübergreifend. Im Film spielt sie eine Frau, die, heißt es da, eher links stehe, aber das ist so großkoalitionär gedacht, dass es bedeutungslos ist. Anna Bremer ist ein denkbar unpolitisches „Superweib“, und deshalb ist ihr großes Ziel, die Energiewende für ganz Europa, nur ein Vorwand für die Gipfeltreffen mit Guy, den sie noch halb entkleidet Monsieur le Président nennt.