TV-Kritik: Hart aber fair : Krisenmanagement mit der Phrasendreschmaschine
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Abstand halten bitte! Die Talkrunde im Studio von Frank Plasberg Bild: WDR/Dirk Borm
Frank Plasberg präsentierte den Zuschauern eine Servicesendung zur Corona-Krise. Mit kritischem Journalismus hatte das wenig zu tun. Wenigstens ein Virologe warf unbequeme Fragen auf.
Natürlich könnte man dem chinesischen Staats- und Parteichef einen Brief schreiben. Etwa Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), mit einer Rechnung in Höhe von 150 Milliarden Euro, zahlbar in vierzehn Tagen. Das ist die Höhe des in den kommenden Tagen zu verabschiedenden Nachtragshaushalts zur Bewältigung der ökonomischen und sozialen Folgen der Coronavirus-Pandemie.
Es gibt nämlich keinen Zweifel an der Verantwortung der regierenden Kaste in Peking für diese desaströse Situation. Sie hatte in den ersten Wochen des Ausbruchs alles getan, um ihn zu vertuschen, und sich schlicht verantwortungslos verhalten. Selbst nach dem Eingeständnis einer sich ausbreitenden Epidemie machte sich Peking mehr Sorgen um seine internationale Reputation als um die Verhinderung einer weltweiten Ausbreitung. So kritisierte Peking noch am 1. Februar die Verhängung von Einreiseverboten durch die amerikanische Regierung mit drastischen Worten – und fand in der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf einen willfährigen Verbündeten.
Propagandamunition für Peking
Aber man kann natürlich auch einen anderen Brief schreiben. Das machte in seiner Verzweiflung Stephan Pusch, Landrat des von der Pandemie zuerst schwer getroffenen Landkreises Heinsberg. Er bat den Diktator in Peking um jene Schutzmaterialien, die ihm die eigene Landesregierung in Düsseldorf nicht zur Verfügung stellen kann. Der chinesische Generalkonsul in Düsseldorf habe die schon zugesagt, teilte Pusch in Frank Plasbergs Sendung mit.
Wahrscheinlich sagt diese Episode alles über eine Politik, die einen Landrat zu solchen Verzweiflungstaten treibt: Er bittet den Hauptverantwortlichen dieser Katastrophe um Hilfe. Welchen Eindruck das in Peking über die Schwäche der deutschen und europäischen Politik hinterlassen muss, müsste das Berliner Auswärtige Amt interessieren, wenn dort denn noch Außenpolitik gemacht wird.
„Eine gewisse Knappheit“
Immerhin ist der Bundesaußenminister nicht für die Ausstattung unseres Gesundheitssystems zuständig, sondern die Gesundheitsminister in Bund und Ländern. In Rheinland-Pfalz ist das Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD). Auf die Notlage des Landrates antwortete sie mit Formulierungen aus der gut geölten Phrasendreschmaschine. Es sei „schon eine besondere Situation.“ Wer hätte das gedacht? Zudem hätten wir „eine gewisse Knappheit“, weil der „Bedarf an Schutzausrüstung wirklich sehr groß“ sei. Solche Euphemismen aus der Grundschule politischer Rhetorik gelten für die Ministerin offenbar als Krisenmangement.
Dazu passte ihr Hinweis auf unseriöse Angebote zum Ankauf von Schutzkleidung. So könnte sicherlich eine verzweifelte Hausfrau argumentieren, wenn sie wieder einmal im Supermarkt kein Klopapier findet. Von den zuständigen Ministern erwarten die Bürger eine Antwort, nämlich ob und und wie die viertgrößte Industrienation der Welt diesen Bedarf kurzfristig selber produzieren kann.