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„Die Schattenfreundin“ im ZDF : Das kommt in den seltsamsten Familien vor

  • -Aktualisiert am

Franz Siebmacher (Harald Krassnitzer) erzählt Polizistin Charlotte Schneidmann (Jule Ronstedt, r.) und Kathrin Ortrup (Miriam Stein) von seiner Vermutung Bild: ZDF und Michael Boehme

Ein Junge verschwindet, eine Mutter verzweifelt, ein Abgrund tut sich auf: „Die Schattenfreundin“ im ZDF variiert ein bekanntes Thrillerthema – leider nicht besonders glaubwürdig.

          2 Min.

          Dieser Film legt es darauf an, mit elterlichen Urängsten Karussell zu fahren. Oder will er das Psychogramm einer distanzierten Ehe zeigen? Kathrin (Miriam Stein), ist frisch nach Bonn zurückgezogen, um die gynäkologische Praxis ihres Vaters zu übernehmen. Professor Franz Siebmacher (Harald Krassnitzer) und seine Tochter verbindet tiefes Verständnis: zwei gegen den Rest der Welt, gemeinsamer Beruf, geteilte Werte, Anerkennung wie ein warmer Mantel. Draußen dagegen – entscheidende Szenen des Films spielen im Spätherbst auf einem deprimierend blätterübersäten Kinderspielplatz – muss man auf den Bänken am Sandkasten zusammenrücken, um nicht zu frieren.

          Zumal Kathrins Mann Thomas (Golo Euler) in Frankfurt geblieben ist und wenig Begeisterung zeigt, sich in den Dunstkreis der Herkunftsfamilie seiner Frau ziehen zu lassen. Man hält Kontakt über Skype, Luftküsse für das gemeinsame Kind, zwischen den Eheleuten belangloser Austausch über den Tagesverlauf. Dass sein Schwiegervater Franz gerade für sein Engagement in der Sozialstation, in der Prostituierte vom Straßenstrich medizinische Versorgung erhalten, ausgezeichnet wurde, versucht Thomas erfolgreich zu ignorieren.

          Nur der Vater steht wie ein Fels

          Kathrin ist froh, als sie auf dem Spielplatz eine Freundin kennenlernt. Tanja (Britta Hammelstein) scheint lustig, unkompliziert und solidarisch. Als die Ärztin zu einem Notfall gerufen wird, zögert sie keinen Moment, Sohn Leo (David Grüttner) der Obhut der Frau anzuvertrauen. Obwohl die Ereignisse der vergangenen Tage sie misstrauisch gemacht haben sollten. Leo hat Elmo, Opas Hund, aufgeschlitzt im leeren Pool des weitläufigen Gartens gefunden. Als Kathrin ihren Sohn nachts kurz im Auto allein ließ, um dem herzschwachen Vater eine Tasche ins Krankenhaus zu bringen, standen Minuten später Polizisten um das verschlossene Gefährt mit dem panisch schreienden Kind.

          Kathrins mütterliche Instinkte sind getrübt, will uns das Drehbuch von Birgit Maiwald nach einem Buch von Christine Drews weismachen. Weil sie den Beruf zu sehr in den Mittelpunkt stellt? In Frankfurt hatte sie ein Burn-out-Syndrom. Die Doppelbelastung, so heißt es, hat sie an den Rand ihrer Kräfte gebracht. Immer noch schluckt sie Psychopillen, funktioniert in der Praxis aber herausragend. Bei ihrer Rückkehr zum Spielplatz sind Leo und Tanja spurlos verschwunden. Charlotte Schneidmann (Jule Ronstedt), die Leitende Polizistin, ermittelt in alle Richtungen. Es gibt keine Tanja. Selbst ihr Ehemann hat Vorbehalte gegen Kathrins Geschichte. Nur der Vater steht wie ein Fels.

          „Die Schattenfreundin“ variiert ein bekanntes Thrillerthema und versucht wie etwa „Gone Girl“, durch familiäre Enthüllungen Handlungswendungen zu motivieren (Regie Michael Schneider). Die Dreiecksbeziehung Vater–Tochter–Ehemann verliert aber an Glaubwürdigkeit durch zum Teil nachgerade einfältige Figurenzeichnung und austauschbare Dramaturgieelemente. Übersymbolische, recht abgegriffene Bildsprache (Kamera Andreas Zickgraf) konkurriert mit der Anstrengung der Schauspieler (allen voran Miriam Stein und Britta Hammelstein), ihren Rollen das Möglichste abzugewinnen.

          Während Helmut Berger als Sozialarbeiterin Margarete eine Transfrau und gleichzeitig den wohl dezentesten Auftritt seiner Karriere gibt, was wohl irgendwie modern wirken soll, wird andererseits implizit das Hohelied erwerbsunbelasteter Mütterlichkeit gesungen. Überfordert ist hier aber höchstens das Publikum, das Spannung sucht. Wie ein ähnliches Thema sehr viel besser bespielt wird, kann man sich in Stefan Krohmers Film „Meine fremde Freundin“ von 2017 ansehen.

          Die Schattenfreundin, 20.15 Uhr im ZDF

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