„Tatort“ aus Wien : Was für ein Mörder
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Beim Verhör: Bibi Fellner (Adele Neuhauser) befragt ihren alten Bekannten Inkasso-Heinzi (Simon Schwarz). Bild: ARD Degeto/ORF/KGP/Sara Meister
Ein scheinbar glasklarer Fall für Bibi Fellner und Harald Eisner: Doch dann wird es kompliziert in dem blutigen Familiendrama. Zum Glück hilft Inkasso-Heinzi weiter.
Es ist kompliziert, obwohl auf den ersten Blick alles so einfach aussieht: Ein von seiner Ehefrau gehörnter Klischee-Beamter bricht brutal aus dem Grau lebenslanger Korrektheit aus, sieht Rot und schlitzt seiner Gemahlin nebst deren bester Freundin die Kehle auf, ruft hernach die Polizei und erwartet kreuzbrav am heimischen Tatort die Beamten. Den leitenden Wiener Kriminalermittlern Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) bietet sich ein so blutiges wie klares Bild. Der Täter – als Phlegmatiker verkörpert von Johannes Zeiler –, die Tatwaffe, die Opfer und das Motiv, alles ordentlich beieinander, dazu Fingerabdrücke und ein Geständnis, soweit das Gedächtnis des todbringenden Ehemanns Stefan Weingartner reicht. An die Sekunden der Bluttat selbst erinnern, kann der sich nämlich nicht, da ist nur Schwarz.
Dennoch zweifeln die beiden Veteranen vom Wiener „Tatort“ ebenso wenig daran, dass Weingartner lebenslang hinter Gitter wandern wird, wie an der Qualität des Würstelstandes ihres Vertrauens. „Alles was Recht ist“, so der Titel der Episode nach einem Buch von Karin Lomot und Robert Buchschwenter, lässt sie dann aber doch lange herumkauen an dem Mangel an Gerechtigkeit, den das Gericht produzieren wird. Verantwortlich dafür zeichnet ein schmieriger Justizjongleur namens Thomas Hafner (Julian Loidl), ein Verteidiger aus der Hölle der Anklage – und erstaunlicherweise nebenbei Spezi eines guten alten Bekannten: Inkasso Heinzi (Simon Schwarz) ist zurück, welche Freude.
Lauter ungeordneter Kleinkram
Der sympathischste Lude und Kleinkriminelle Wiens bekommt es allerdings knüppeldick ab. Im Knast dauerverdroschen, wendet er sich hilfesuchend an Bibi Fellner, mit der ihn seit deren Zeit bei der Sitte ein besonderes Verhältnis verbindet – sehr zum Unwillen Eisners. Aber, Lehre dieses „Tatorts“: Wer hilft, dem wird geholfen, selbst wenn die Wege Gottes in solchen Dingen durchaus labyrinthisch wirken können. Womit wir bei dem katholischen Knacks wären, den der reuige Bluttäter Weingartner kultiviert.
Eine ganze Menge los ist dieses Mal in Wien, lauter ungeordneter Kleinkram, der sich nach und nach erst zu einem großen Ganzen fügt. Kriminelle Putzfrauen mit Halbweltvergangenheit laufen auf, eine Gärtnerin (Marion Mitterhammer) mit Faible für Schwerkriminelle und unfassbar viele Tatverdächtige für den nächsten Mord, der nicht lange auf sich warten lässt. Zeit für Geplänkel und Gegrantel bleibt dem von Meret Schande (Christina Scherrer) unterstützten Duo kaum. Die wenigen Witzchen über „Work Life Balance“ wirken irgendwie verloren. Wer schwarzhumorig genug veranlagt ist, wird dagegen seine Freude an Eisners Versuch haben, in der Pathologie ein Smartphone zu entsperren: Stichwort Stromstoß.

Trailer : Tatort: Alles was Recht ist
Unter der Regie von Gerald Liegel bewegt sich das Ensemble geradezu sachlich durch kühl-symmetrische Kulissen (Kamera Gero Lasnig). In ihrer Altbackenheit charmant wirken das Spießerzuhause des ersten Täters und seine Beamtenstube; es sind Filmsets aus einer Zeitkapsel. Wenn Figuren sich durch den welligen Glaseinsatz einer Innentür abzeichnen, fühlt man sich fast wieder wie in den Achtzigern. Das Erstaunliche an diesem „Tatort“ ist, dass er nicht auseinanderfällt, dass das Durcheinander sich langsam sortiert, ohne allzu großes Spektakel, doch wesentlichen getragen von den Nebenfiguren. Am Ende offenbart sich ein geradezu banales Motiv, das zugleich abseits jeder vernünftigen Nachvollziehbarkeit liegt. Und alles wird wieder ganz einfach. Nur Inkasso Heinzi, der bleibt weiterhin ein komplizierter Fall.
Der „Tatort: Alles was Recht ist„ läuft am Sonntag, 3. April, um 20.15 Uhr im Ersten.