FAZ.NET-Tatortsicherung : War das wirklich Notwehr?
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Bauhaus, Goethe, Notwehr: Der neue „Tatort“ aus Weimar präsentiert einen bunten Themenmix. Bild: MDR/Wiedemann & Berg/Anke Neugeb
Im neuen Fall aus Weimar verleiten das Erbe von Goethe und Kandinsky zu Mord und Betrug. Die Kommissare Dorn und Lessing lernen viel dazu. Gibt es einen wahren Kern in diesem Comedy-„Tatort“?
Der Milliardär Alonzo Sassen wird bei einem nächtlichen Einbruch in seine Weimarer Villa getötet. Seine junge Frau Lollo, die sich zu dem Zeitpunkt im Haus befindet, erschießt den Täter daraufhin scheinbar aus Notwehr. Danach beginnt sie im Bordell „Chéz Chériechen“ zu arbeiten, das von Fritjof „Fritte“ Schröder betrieben wird. Dessen Bruder Martin betreibt mit seiner Frau Cleo etwas außerhalb von Weimar einen Steinbruch – doch die beiden stehen kurz vor der Pleite. Ins Visier der Kommissare Kira Dorn und Lessing geraten sie wegen des geplanten Baus eines sogenannten „Goethe-Geomuseums“, für das der Steinbruch als ein möglicher Standort verhandelt wird. Alonzo Sassen hatte vor seinem Tod angekündigt, der Stadt ein Grundstück in bester Weimarer Lage für das Museum schenken zu wollen.
Die Ermittlungen rund um den geplanten Bau des „Goethe-Geomuseums“ führen die Kommissare in einem Zickzack zwischen Bordell und Steinbruch schließlich bis in die Bauhaus-Universität. Dort wird ein Mitglied des Instituts für Urbanistik ebenfalls Mordopfer.
Wir sind mit Experten einige Details des Falls durchgegangen.
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Frage 1: Im neuen Weimarer „Tatort“ geht es um den Bau eines sogenannten Goethe-Geomuseums (Minute 4). Wurde so etwas in Weimar tatsächlich schon einmal in Erwägung gezogen?
Antwort von Dr. phil. Manfred Wenzel (wissenschaftlicher Mitarbeiter der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mitherausgeber der „Goethe-Handbücher“ des Metzler-Verlags):
Die Gründung eines Museums, das sich eigens der Ausstellung von Goethes geologischen Sammlungen widmen würde, erübrigt sich, weil dafür bereits das Goethe-Haus in Weimar als zentrale Stelle existiert. Etwa zehn Prozent von Goethes mineralogischer Sammlung sind dort vor seinem ehemaligen Arbeitszimmer ausgestellt, ein anderer Teil findet sich in Goethes Gartenpavillon.
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Frage 2: Kommissar Lessing erwähnt, dass Goethe selbst in einem Steinbruch bei Weimar nach Mineralien und Fossilien gesucht haben soll (Minute 24). Stimmt das? War Weimar für Goethe auch von seiner Geologie her attraktiv?
Antwort von Dr. Manfred Wenzel:
Als Goethe im Jahr 1775 nach Weimar kam, wurde er als Staatsminister zunächst mit dem Wiederaufbau des Bergbaus in Ilmenau beauftragt. Damit war ein Grundstein für die Beschäftigung des Dichters mit Gesteinen und Mineralien gelegt. Das Interesse Goethes an diesem Bereich wurde vor allem durch diverse Reisen vergrößert, sodass er sich um 1780 entschloss, systematisch eigene Sammlungen anzulegen. Auch in der Gegend um Weimar herum hat Goethe selbst nach Gesteinen gesucht und sogar einen jungen Geologen damit beauftragt, eine Gesteinssammlung anzulegen. Handschriftliche Aufzeichnungen seiner Funde sind in einem Katalog von 1785 überliefert. In Thüringen begann Goethe mit der Untersuchung und Sammlung der Gesteine aus praktischen Gründen - weil die Gegend nun einmal vor seiner Haustür lag. Dabei ging es ihm nicht so sehr um die Geologie dieser Gegend, sondern vielmehr darum, systematisch geologische Formationen zu erfassen. Er machte aber auch interessante Funde. Einer aus den Orten um Weimar besteht zum Beispiel in Elefantenzähnen.Den weitaus größeren Teil seiner Sammlung machen aber die Funde aus, die er auf Reisen getätigt hat.
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Frage 3: Kurz nachdem Alonzo Sassen in seiner Weimarer Villa ermordet wurde, erschießt seine Gattin Lollo den Täter. Gegenüber der Polizei beruft sie sich später darauf, aus Notwehr gehandelt zu haben. Wie wird Notwehr rechtlich definiert? Nach welchen Kriterien wird entschieden?
Antwort von Martin Barduhn (Fachanwalt für Strafrecht und Lehrbeauftragter für Wirtschaftsstrafrecht an der Fachhochschule Frankfurt am Main):