FAZ.NET-Tatortsicherung : Wie effizient ermittelt die Schweiz?
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Reto Flückiger (Stefan Gubser, li.) kann nicht so ganz glauben, was der IT-Fachmann Thomas Behrens (Alexander Beyer) ihm auftischt. Bild: ARD Degeto/SRF/Daniel Winkler"
Im neuen Tatort „Verfolgt“ scheitern die Kommissare Flückiger und Ritschard bei ihren Ermittlungen an der Macht der Korruption. Typisch Schweiz? Der Sonntagskrimi im Realitätstest.
Ein schlecht recherchierter „Tatort“ mit frei erfundenen Ermittlungsmethoden muss kein schlechter Krimi sein. Und doch verdankt der Deutschen liebste Krimireihe ihre Popularität wohl vor allem der Wirklichkeitsnähe und der Behauptung, bestehende Verhältnisse zu spiegeln.

Stellvertretender verantwortlicher Redakteur für Nachrichten und Politik Online.
Hält die Handlung des Schweizer „Tatorts: Verfolgt“, in dem sich die beiden Kommissare Flückiger und Ritschard in einem undurchsichtigen Geflecht aus Steuerbetrug und Korruption in höchsten politischen Kreisen wiederfinden, der Wirklichkeit stand? Man lernt auch im Sonntagabendkrimi nie aus. Wir haben Experten gefragt.
Der Schweizer „Tatort: Verfolgt“ in der Mediathek des Ersten.
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Frage 1: Im „Tatort: Verfolgt“ stellen die Gerichtsmediziner schon nach kurzer Zeit fest, woran das Opfer gestorben ist (an einem Genickbruch). Wie lange dauert es in der Schweiz, bis eine Todesursache zweifelsfrei geklärt ist?
Antwort von Simon Kopp (Medienstelle der Kantonspolizei Luzern):
Man muss zwischen Todesart und Todesursache unterscheiden. Während die Todesart (natürlicher Tod, Unfall, Gewaltverbrechen, Suizid) in der Regel relativ schnell feststeht, ist die Todesursache schwieriger zu ermitteln. In der Schweiz wird die Todesursache regelmäßig durch eine Obduktion abgeklärt. Diese Obduktionen werden von einem Institut für Rechtsmedizin durchgeführt. Die zweifelsfreie Klärung einer Todesursache kann – je nach Fall – mehrere Tage bis Wochen in Anspruch nehmen.
Frage 2: Im Tatort wird die Freundin des Mordopfers, die gerade auf Teneriffa weilt, von den Kommissaren per Skype befragt. Hätte solch eine Aussage vor Gericht Bestand?
Antwort von Franziska Betschart (Medienstelle des Kantonsgerichts Luzern):
Grundsätzlich ist die Einvernahme per Videokonferenz im Schweizerischen Strafprozessrecht vorgesehen. Meines Wissens musste die Frage nach der Verwertbarkeit einer Befragung mittels Videokonferenz vor den Luzerner Gerichten aber noch nicht beurteilt werden. Die Einvernahme mittels Videokonferenz ist der Staatsanwaltschaft und den Gerichten vorbehalten, die Polizei ist davon grundsätzlich ausgeschlossen. Es ist aber immerhin denkbar, dass die Polizei eine Video-Einvernahme im Auftrag der Staatsanwaltschaft vornimmt.
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Frage 3: Im Film stellen die Kriminalbeamten gelöschte Dateien auf dem Rechner eines Verdächtigen binnen kürzester Zeit wieder her. Das geht ein bisschen flott, oder?
Antwort von Simon Kopp (Medienstelle der Kantonspolizei Luzern):
Nein, das kann auch in der Realität sehr schnell gehen. Je nach Datenvolumen – und auch je nach Löschungsart – kann sich eine Wiederherstellung aber verzögern und viele Tage in Anspruch nehmen. Eventuell ist sie auch gar nicht möglich.
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Frage 4: Die Kommissare rufen bei einem möglichen Informanten an, können diesen aber nicht identifizieren. Lassen sich Nutzer von Prepaid-Handys wirklich überhaupt nicht ausfindig machen?
Kommissarin Ritschard: „Ist eh’ Prepaid, wir haben keine Chance.“ (Minute 49)
Antwort von Simon Kopp (Kantonspolizei Luzern):
Prepaid-Handys sind in der Schweiz so registriert, dass ein Name und die Personalien des Besitzers beim Kauf hinterlegt werden müssen. So können auch die Benutzer eruiert werden. Schwierig wird es, wenn eine Täterschaft ein gestohlenes Handy benutzt.