Streit um „Tagesschau“-App : NDR kassiert Schlappe vor dem Bundesverfassungsgericht
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Seit Jahren vor Gericht um kämpft: die App der „Tagesschau“. Bild: dpa
Das Bundesverfassungsgericht hat die Beschwerde des NDR im Streit um die „Tagesschau“-App nicht angenommen. Sie sei unzulässig. Für die Zeitungen, die gegen die App wegen deren „Presseähnlichkeit“ geklagt hatten, ist das ein Erfolg.
Der Norddeutsche Rundfunk ist mit einer Verfassungsbeschwerde im Streit um die „Tagesschau“-App in Karlsruhe gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht nahm die Beschwerde nicht zur Entscheidung an. Diese genüge den „Darlegungsanforderungen“ nicht und sei mithin unzulässig. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar (Az.: 1 BvR 717/18).
Dies ist der Schlusspunkt einer Rechtsstreitigkeit, die im Jahr 2011 begann. Damals reichten acht Zeitungsverlage (darunter der Verlag der F.A.Z.), abgestimmt mit dem Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV), vor der Wettbewerbskammer des Landgerichts Köln Klage gegen die ARD und den NDR ein. Sie wendeten sich gegen die Textlastigkeit oder „Presseähnlichkeit“ der „Tagesschau“-App. Die kostenlose, durch den Rundfunkbeitrag finanzierte App verzerre den Wettbewerb. Presseähnliche Angebote im Netz sind den öffentlich-rechtlichen Sendern laut Medienstaatsvertrag untersagt. Die Klage ging durch die Instanzen und zu Ungunsten des NDR aus. Im September 2016 stufte das Oberlandesgericht Köln die App der „Tagesschau“ als rechtswidrig ein. Der Bundesgerichtshof bestätigte diesen Befund im Jahr darauf und ließ eine weitere Revision nicht zu. Der NDR kündigte im Januar 2018 eine Verfassungsbeschwerde an. Nach deren Ablehnung ist das BGH-Urteil nun rechtskräftig.
Der NDR teilte der Deutschen Presse-Agentur (dpa) auf Anfrage mit, die Verfassungsbeschwerde habe sich gegen die Entscheidung des OLG Köln aus dem Jahr 2016 gerichtet. In dieser seien wesentliche Aspekte der Rundfunkfreiheit nicht berücksichtigt worden. „Mit der Verfassungsbeschwerde sollte das Verhältnis von Rundfunk und Presse in der digitalen Welt ganz grundsätzlich geklärt werden.“ Das Bundesverfassungsgericht treffe mit der Nichtannahme keine Entscheidung in der Sache, sondern erkläre, dass sich die gesetzlichen Grundlagen mit einer Gesetzesänderung 2019 maßgeblich verändert hätten und die Beschwerde deshalb nicht angenommen worden sei.
Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) sieht dies selbstverständlich ganz anders. Nun stehe fest, teilte der BDZV der dpa mit, dass presseähnliche Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Netz unzulässig seien. Es sei auch bestätigt, dass die Regelung im Medienstaatsvertrag zum Verbot presseähnlicher Angebote verfassungsgemäß sei. Nach Ansicht des BDZV ist die Karlsruher Entscheidung „wegweisend“, sie gebe Rückenwind für anstehende Schlichtungsverhandlungen mit der ARD. Presseähnliche Internetangebote sieht der BDZV bei der ARD zuhauf. Der Verlegerverband hatte zuletzt im Dezember 2021 vor dem Oberlandesgericht Brandenburg Erfolg im Streit um das Telemedienangebot rbb24.de. Der wegen der Presseähnlichkeit des Auftritts beklagte RBB zog eine Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts Potsdam zurück.