Journalisten unter Druck : Lieber ein anderer Job?
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Traumjob? Denzel Washington als Reporter Gray Grantham im Film „Die Akte“ Bild: ddp
Eine Studie der Otto-Brenner-Stiftung legt dar, dass sich Journalisten zunehmend unter Druck sehen. Besonders Jüngere dächten daran, ihre Arbeit aufzugeben. Die Gewerkschaften finden das alarmierend.
Der digitale Wandel ihrer Branche, die ökonomische Krise und der Vertrauensverlust in ihre Profession stellten Journalisten vor neue Herausforderungen und bereiteten ihnen Sorge. Darauf lautet die Erkenntnis einer Studie der gewerkschaftsnahen Otto-Brenner-Stiftung, die freilich auf einem schmalen empirischen Fundament steht. Demnach hätten 60 Prozent der Befragten in den vergangenen zwölf Monaten wiederholt daran gedacht, ihren Job aufzugeben. Das gelte besonders für jüngere Journalisten. Jeder Zehnte, der an einer Online-Umfrage teilnahm, denke darüber sogar mehrmals pro Woche nach.
Zu dem Ergebnis kommt die Studie „Arbeitsdruck – Anpassung – Ausstieg“ von Burkhard Schmidt, Rainer Nübel, Simon Mack und Daniel Rölle nach „Leitfadeninterviews“ mit zwanzig hauptberuflichen Journalisten, von denen 37 Prozent angäben, die Belastungen in ihrem Job führten zu einem Qualitätsverlust oder könnten künftig dazu führen. Zu den Belastungen zählten Zeit-, Leistungs- und Wettbewerbsdruck. Zu Frustration und Unsicherheitsgefühlen führe zudem die Sorge um die Sicherheit des eigenen Jobs. Diese hänge zusammen mit zurückgehenden Werbeeinnahmen und Personaleinsparungen in den Medienhäusern. Die Befunde der zwanzig Interviews dienten, so die Studie, als Grundlage für einen Online-Fragebogen, der an 161 Journalisten ging. Die Erhebung ist nicht repräsentativ.
Den Herausforderungen ihres Jobs, heißt es in der Ausarbeitung, begegneten die Journalisten „sachorientiert“. Neunzig Prozent der Befragten gäben an, journalistische Werte bewusst nach außen zu tragen und zu verteidigen. 59 Prozent sagten, sie setzten auf noch sorgfältigere Recherchen. Kritik des Publikums halte mehr als die Hälfte der intensiv Befragten für bedingt richtig und konstatiere eine Mitverantwortung der Medien an einem gewissen Vertrauensverlust, in der Online-Befragung weise eine Mehrheit dies von sich. Im Kontext des digitalen und gesellschaftlichen Wandels habe der Journalismus jedoch an Qualität (48 Prozent), Bedeutung (50 Prozent), Renommee (84 Prozent) und Attraktivität (66 Prozent) verloren.
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) und die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) nehmen die Ausarbeitung zum Anlass, bessere Arbeitsbedingungen zu fordern. „Die Journalismusbranche steht kurz vor einem kollektiven Burnout“, warnt die dju-Bundesvorsitzende Tina Groll. Gute Arbeitsbedingungen seien grundlegend für ein funktionierendes Mediensystem und für die freiheitliche Demokratie. Dass über die Hälfte der Befragten daran gedacht habe, den Job aufzugeben, ist nach Ansicht des DJV-Bundesvorsitzenden Frank Überall ein „Alarmsignal für den ganzen Journalismus“. Personalchefs müssten verstärkte Anstrengungen unternehmen, um den Arbeitsdruck zu senken und die Journalisten durch den digitalen Wandel zu begleiten.