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Serie „Surface“ bei Apple TV+ : Mit dem schönen Leben scheint etwas faul zu sein

  • -Aktualisiert am

Versonnen: Sophie (Gugu Mbatha-Raw). Bild: Apple TV+

In der Serie „Surface“ hat eine junge Frau alles, was es in der Welt der Megareichen braucht. Jetzt müsste sie nur noch wissen, wer sie selbst ist. Das klingt nach einem guten Thriller, doch da fehlt etwas.

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          Je perfekter das Leben nach außen, desto tiefer die Abgründe. Besonders in amerikanischen Serien um verzweifelte Hausfrauen mit mutmaßlichem Doppelleben. Seriell beliebt ist das Motiv der ertrinkenden Frau, seltener das des Mannes, der kopfunter im Pool treibt, wie in der ausgesucht vertrackten Eheposse „Dead to Me“ (Netflix), in der Christina Applegate den Todesumständen ihres erfolgreichen Gatten auf die Spur kommt. Mindestens vergleichbar gemein ist „Big Little Lies“ (HBO/Sky) mit Nicole Kidman. Solche als Thriller dramatisierten Sittenbilder aus der Welt der Megareichen leben vor allem von der Schadenfreude von uns Normalsterblichen. Je ausgesucht fieser sie die Prinzessinnenträume ihrer Hauptfiguren demontieren, desto besser; je psychologisch ausgefuchster sie dies tun, desto amüsanter. Die platteren solcher Produktionen dagegen sehen eher aus wie einschlägiger Gesellschaftsklatsch der Sorte „Es ist nicht alles Gold, was glänzt“. Die Skandale mögen süffig sein, aber die Personen bleiben einem egal.

          Leider gilt das auch für den Hochglanz-Psychothriller „Surface“, einer Produktion von Apple TV, die nun unter dem Titel „The Girl In The Water“ abrufbar ist. Sophie (Gugu Mbatha-Raw) lebt in San Francisco in einem der ikonischen viktorianischen Multimillionärs-Häuser, besitzt einen Ankleideraum voller Designerstücke und Schmuck in der Größe der Wohnungen Normalsterblicher, sieht überirdisch schön aus und hat mit James (Oliver Jackson-Cohen) einen superreichen Anwalts-Ehemann, der sich fast zu fürsorglich um sie kümmert.

          Ernste Themen gibt es keine

          Mit sozialen Engagements und Treffen mit Freundinnen in eleganten Bars verbringt sie ihre Zeit. Man unterhält sich über Pelotons (wie im neuen „Sex and the City“-Film, in dem das Trainingsgerät freilich eine fatale Rolle spielt). Ernste Themen gibt es keine. Sophies beste Freundin Caroline (Ari Graynor) ist Galeristin und kuratiert Event-Ausstellungen für Kreise, die gern ein Vermögen für Kunst hinblättern. Richtige Unterhaltungen, meint Caroline auf Sophies Nachfrage, habe man nicht. Sie seien eher die Sorte Frauen, die am Pool Rosé trinken und nicht schwimmen, weil sie sich um die Haare sorgen. Immer wieder versucht Sophie, sich in ihr prominent in Szene gesetztes iPad einzuloggen.

          Erstaunlich oder auch nicht: Sophie hat vier Monate zuvor versucht, im Wasser der San Francisco Bay diesem privilegierten Leben ein Ende zu setzen. „Leute in perfekten Lebensverhältnissen springen nicht von Fähren“, so lautet die Prämisse der acht Folgen von „Surface“. Ihr Suizidversuch endete mit einer schweren Kopfverletzung, der Rettung durch die Küstenwache und einer totalen Amnesie – weshalb auch ihr Geräte-Passwort verschwunden bleibt. Seit hundertfünfzig Tagen versuchen James, Caroline und ihr Umfeld, Sophie zurück in die Normalität ihres Lebens zu bringen. Die Therapeutin Hannah (Marianne Jean-Baptiste), die etwas Sinistres, fast Feindseliges hat, versucht in den Sitzungen, Sophies Ich-Gefühl zu stärken. Die Suche nach Erinnerungen sei kontraproduktiv, zumal sie eine genetische Disposition zur Psychose habe. Warum ihre Freundin ihr ausgerechnet ein Gemälde der toten Ophelia zeigt, bleibt ein Geheimnis.

          Verdacht gibt es bald genug. Was, so die Preisfrage, wenn Sophies angebliches Leben gar nicht ihr Leben war, wenn jemand sie vom Schiff gestoßen hat, wenn sie einer großen Sache auf der Spur war? Wenn man sie kontrollieren will? Sie findet ein Streichholzbriefchen einer düsteren Bar, jemand nennt sie mit anderem Namen, sie reitet, als habe sie nie anderes getan, obwohl sie, wie man ihr sagt, nie in der Nähe von Ställen war. Ein Undercover-Polizeioffizier mit Sex-Appeal verfolgt sie. Mit Thomas Baden (Stephan James) hatte sie eine Affäre, sieht sie auf Video.

          Wenn unsere Geheimnisse unsere Person fundieren, wir uns aber nicht an sie erinnern, was dann? Und wenn das Märchen eher „Cinderella umgekehrt“ ist oder am Ende des Tunnels eine furchtbare Tat steht? Mit derlei Fragen, kriminellen Wendungen und dem dramaturgisch unausweichlichen Liebes-und-Bettgeschichten-Wirrwarr zwischen Sophie, James und Thomas versucht die Serie, das erlahmende Aufklärungsinteresse über die Strecke zu retten. Abgesehen von Gugu Mbatha-Raw sind die meisten der Darsteller dabei so geheimnisvoll und tiefgründig wie ein High Society-Partybericht in der „Bunten“.

          Die ersten drei Folgen von Surface sind unter dem neuen Titel The Girl In The Water bei Apple TV+ verfügbar. Folge 4 bis 8 erscheinen wöchentlich freitags.

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