Netflix-Serie zu Pablo Escobar : Vom Aufstieg und Fall eines Drogenbosses
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Der Pate lässt sich feiern: Pablo Escobar (Wagner Moura, Mitte) im Kreis seiner Getreuen. Bild: dpa
Die Netflix-Serie „Narcos“ wurde in Bogotá gedreht, von wo aus Pablo Escobar einst seine schmutzigen Strippen zog. Regisseur Eric Newman inszeniert ihn als treusorgenden Ehemann und kaltblütigen Massenmörder. Ein Besuch am Set.
Am Rand einer Schotterstraße in den Bergen über Bogotá spielt ein kleines Mädchen mit einem streunenden Hund. Es hebt ihn hoch, drückt ihn an sich und ruft den Frauen zu, die ein Stück weiter auf einer Steinmauer sitzen: „Das ist mein Hund!“ Die Frauen beobachten, wie Techniker eines kolumbianisch-amerikanischen Filmteams Scheinwerfer in ein verfallenes Gebäude am Rande des Dschungels schleppen. Eine Kapelle steht zwischen wuchernden Pflanzen. Der Eingang zu einer Villa, in dem die Crew ihre Monitore aufgebaut hat, wird von bröckelnden Säulen gerahmt. Dahinter steht eine Art Fabrikhalle. „Wem du am meisten vertraust, der wird dich verraten“, steht als Graffito auf der Wand. Es war schon da, bevor die Filmcrew kam, um hier eine neue Netflix-Serie zu drehen: „Narcos“.
„Narcos“ erzählt die Geschichte des kolumbianischen Drogenbarons Pablo Escobar - einmal mehr, möchte man meinen. Doch wie der brasilianische Regisseur José Padilha das Leben Escobars beinahe dokumentarisch aus unterschiedlichen Blickwinkeln auffächert, ist großes Fernsehen. Der brasilianische Schauspieler Wagner Moura, der mit Padilha schon in „Elite Squad“ zusammenarbeitete, spielt Escobar mit einer entspannten Onkeligkeit. Sein Escobar ist ein unscheinbarer Mann mit Schmerbauch und Lockenkopf, der vom Bauernsohn zum sechzig Milliarden Dollar schweren Drogenboss aufsteigt, weil er die Umstände für sich zu nutzen wusste. Und keine Skrupel kennt.
Ein unverzichtbarer logistischer Albtraum
„Escobar war ein mittelmäßiger Verbrecher, der zur richtigen Zeit am richtigen Ort war und schließlich ein ganzes Land in die Knie zwang“, sagt der Drehbuchautor Chris Brancato, als er sich in einem Unterstand zwischen Kabeltrommeln den Fragen einiger Journalisten stellt. Brancato hat beim Schreiben vor allem der Konflikt zwischen den Institutionen interessiert: auf der einen Seite die amerikanischen Strafverfolgungsbehörde für Drogendelikte DEA und der damalige Präsident Ronald Reagan, auf der anderen die kolumbianische Regierung, die Escobar nichts als korrupte Polizeikräfte entgegenzusetzen hatte, und schließlich die „Narcos“, die „Narcotraficantes“, Drogenschmuggler, die mit Escobar um die Kokain-Milliarden konkurrierten.
Von der Schotterpiste geht der Blick auf die Acht-Millionen-Metropole Bogotá, auf Glastürme von Banken und Appartementkomplexe für wohlhabende Kolumbianer. Die Menschen, die am Straßenrand die Dreharbeiten beobachten, bewohnen normalerweise eine der Ruinen, in denen jetzt eine Szene über die missglückte Befreiung einer von Escobar entführten Reporterin vorbereitet wird. Statt in Los Angeles oder Toronto wirklich in dem Land zu drehen, in dem der mörderische Drogenboss sich zum Retter der Armen stilisierte, als er Schulen und Krankenhäuser bauen ließ, war eine bewusste Entscheidung. Netflix hat Schauspieler aus verschiedenen lateinamerikanischen Ländern nach Kolumbien geholt - ein logistischer Albtraum, wie der Produzent Eric Newman sagt, aber unverzichtbar für eine dokumentarisch angelegte Serie. Sie wird größtenteils auf Spanisch gedreht, nimmt aber eine dezidiert amerikanische Perspektive hat.
Die irrsinnige Entwicklung eines kleinen Schmugglers
Kommentiert wird das Geschehen aus dem Off von dem DEA-Agenten Steve Murphy (Boyd Holbrook), der einem realen Ermittler nachempfunden wurde. Mit seinem Partner Javier Pena (Pedro Pascal) wird er von den Amerikanern entsandt, Escobar das Handwerk zu legen, als dessen Kokain Mitte der achtziger Jahre Miami überschwemmt.