„The Crown“ Staffel 4 : Erschütterungen im Hause Windsor
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Und wo ist Charles? Irgendwo abseits des Blitzlichtgewitters, das auf Diana (Emma Corrin) niedergeht. Bild: Des Willie/Netflix
In der vierten Staffel von „The Crown“ betritt Lady Diana die Bühne. Doch größer erscheinen die Queen und Margaret Thatcher. Sie dominieren das royale Theater auf zwiespältige Weise.
Das Hochzeitskleid, diese ikonische Explosion aus Seidentaft, hat einen grandios ungrandiosen Auftritt: Als die künftige Prinzessin von Wales vor dem großen Schauspiel schmal und allein durch die monumentalen Hallen im Buckingham-Palast schreitet, versunken in dem nicht weniger monumentalen Brautgewand, gönnt uns die vierte Staffel des Höchstglanz-Royality-Dramas „The Crown“ nur eine Rückenansicht der weißen Gestalt, die ihrem Schicksal zustrebt und es zugleich verkörpert: als Nemesis der Windsors.
Das ist fast schon alles, was von der medial bis in den letzten Winkel ausgeleuchteten und im kollektiven Bildgedächtnis bestens konservierten Eheschließung des Jahrhunderts reinszeniert wird. Der Rest sind Proben für das Theaterstück in der St.-Pauls-Kathedrale, ein enerviertes „Ja, ja“ von Prinz Charles (Josh O’Connor) und Dianas fragende Augenaufschläge von schräg unten angesichts dieses Sprechakts. Als mit größten Erwartungen konfrontierter Neuzugang des Ensembles ist Emma Corrin in der Rolle Diana Spencers ein Glücksgriff. So viel steht von ihrem ersten Auftritt an als elfenzartes Fabelwesen – ein verrückter Baum – aus Shakespeares „Mittsommernachtstraum“ fest.
Zur Audienz mit der Eisernen Lady
Und doch tut Serienschöpfer Peter Morgan gut daran, die ermüdend auserzählte und trivialisierte Diana-Tragöde (ebenso aufmerksamkeitssüchtige wie herzwärmende und seelisch instabile Unschuld aus noblem Hause heiratet von dessen Mutter dominierten Doch-nicht-Traumprinzen mit Selbstwertproblemen, der eine andere liebt) als einen von drei Erzählsträngen in seiner Bedeutung zu relativieren und zwei andere Frauen in den politischen Dramen der Zeit spielen zu lassen, jenseits der Märchenvorstellung.
Margaret Thatcher betritt in Gestalt von Gillian Anderson die Bühne, um in den Audienzen-Nahkampf mit der von Olivia Colman matronenhaft gravitätisch verkörperten Queen zu treten. IRA-Terror, soziale Verwerfungen des Thatcherismus, Falkland-Krieg, rollende Köpfe grauhaariger Herren in der Regierung und eine Premierministerin, die als erste Frau im Amt „nein, nein“ skandiert: Wir haben all das schon als emanzipatorische Heldinnengeschichte im Kino mit Meryl Streep in der Hauptrolle gesehen. Anderson scheint als britisch-amerikanische Schauspielerin mit Akzent-Bilingualismus, mit Können und präzise geschnittenen Gesichtszügen wie gemacht für die Nachfolge – und überreizt dann doch ihr Spiel als Eiserne Lady. Mimische Verspannungen, die an Symptome neurologischer Störungen denken lassen, waren Margaret Thatcher dann doch nicht zu eigen, und das Sätze in Worte und Silben zerhackende Betonungs-Stakkato wirkt eher wie eine Persiflage auf den Duktus der umstrittenen Konservativen als eine Anverwandlung.