Sky-Serie „L' Ora" : Auf den Spuren der Cosa Nostra
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Redaktionsgespräch: Claudio Santamaria (rechts) spielt den Chefredakteur Antonio Nicastro. Bild: Die Verwendung ist nur bei redaktioneller Berichterstattung im Rahmen einer Programmankündigung ab 2 Monate vor der ersten Auss
Die Sky-Serie „L’ Ora – Worte gegen Waffen“ erzählt die Geschichte einer mutigen Zeitungsredaktion in Palermo. Hier zahlen Journalisten für ihre Recherchen schlimmstenfalls mit dem Leben.
Im Mai 2014 strahlte der Abosender Sky in Italien die erste Folge der ersten Staffel von „Gomorrha“ aus. Die zunächst auf drei Staffeln mit je zwölf Episoden angelegte Serie, die auf dem gleichnamigen dokumentarischen Roman von Roberto Saviano aus dem Jahre 2006 beruht, war bei Publikum und Kritik so erfolgreich, dass sie 2019 um eine vierte Staffel erweitert wurde. Die fünfte (und letzte?) Staffel ist in Italien im vergangenen November angelaufen. Grundlage der zusätzlichen Staffeln war wiederum ein Werk des Neapolitaners Roberto Saviano: dessen 2016 erschienener Roman „Der Clan der Kinder“.
Die Serie über die Geschichte zunächst zweier, später mehrerer verfeindeter Camorra-Clans in Neapel, die ihre „Geschäftsfelder“ über das ganze Land ausweiten, wurde dank ihrer ästhetischen und erzählerischen Stringenz – von den schauspielerischen Glanzleistungen zu schweigen – sogleich stil- und sogar genrebildend. Die gern etwas unterbelichtete Fotografie, die eisigen Neonfarben der Nachtaufnahmen in den trostlosen Wohnblocks des Vororts Scampia waren die adäquate Ausdrucksweise für die Geschichten von Freundschaft und Feindschaft, von Treue und Verrat aus der kalten Düsternis des organisierten Verbrechens.
Zwei Schritte zurück
Auch die Netflix-Serie „Suburra“, die von 2017 bis 2020 in drei Staffeln zu jeweils acht Folgen die Machenschaften der Mafia Capitale aufzeigte, beruhte auf einer literarischen Vorlage: dem gleichnamigen Roman von Giancarlo De Cataldo und Carlo Bonini, der 2015 erschienen war. In der Regie von Michele Placido trieb „Suburra“ die Darstellung der exzessiven Gewalt auf Höhen, die man gerade noch als Kunstgriff knapp unterhalb der Grenze zur bloßen Ästhetisierung von Brutalität durchgehen lassen mochte.
Die neue Sky-Serie „L’Ora: Inchiostro contro piombo“ (deutscher Titel: „L’Ora: Worte gegen Waffen“) nach dem 2006 erschienenen Roman „Nostra Signora della Necessità“ von Giuseppe Sottile tritt gegenüber „Gomorrha“ und „Suburra“ gewissermaßen zwei Schritte zurück. Die Handlung spielt früher, im Palermo der späten Fünfziger- und der frühen Sechzigerjahre, und auch die filmische Darstellung der Gewalttaten der sizilianischen Cosa Nostra bleibt weit diesseits von Effekthascherei und Selbstzweck.
Eine investigative Erfolgszeitung macht sich Feinde
Sottile, 1946 nahe Palermo geboren, schildert in seinem Roman, der stark autobiographische Züge trägt und auf wahren Begebenheiten beruht, die Arbeit und das Leben der Redakteure der Tageszeitung „L’Ora“ zu Zeiten einer existenziellen Krise des Blattes Mitte bis Ende der Fünfzigerjahre. Die Zeitung, als republikanisch-progressives Blatt im Jahre 1900 von der prominenten sizilianischen Unternehmerfamilie Florio gegründet, war nach dem Zweiten Weltkrieg in die Hände der Kommunistischen Partei gelangt. Und verkam dort zur Vereinspostille und zum Versorgungsheim für linientreue Schreiberlinge. Der Schwund der Leserschaft wurde irgendwann so dramatisch, dass die Parteiführung einen neuen Chefredakteur nach Palermo holen ließ – in der Erwartung, dieser werde mit beherztem Personalabbau die Verluste zu minimieren wissen.