„Harry & Meghan“ bei Netflix : Ein Königreich für ihre Geschichte
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Diese Fotos sind nicht zufällig entstanden: Harry und Meghan Bild: Netflix
In „Harry & Meghan“ zeigt das Ehepaar Sussex, wie es gesehen werden will: als antirassistisches Instagram-Traumpaar. An diesem Selbstbild stimmt so einiges nicht.
Wenn wahr ist, dass es keine schlechte Publicity gibt, sondern einfach nur Publicity, dann hatten Harry und Meghan schon Tage vor dem Start ihrer Netflix-Dokumentation über sich selbst – eben „Harry & Meghan“ – mehr als genug davon. Kaum hatten der Herzog und die Herzogin von Sussex den ersten Trailer zu ihrer sechs mal eine Stunde währenden filmischen Selbstdarstellung veröffentlicht – just als der Prinz und die Prinzessin von Wales in Boston gelandet waren, um den von der Royal Foundation ausgelobten Earthshot-Preis für Klimaschutz zu verleihen – hagelte es Kommentare zehntausendfach unter dem Ein-Minuten-Clip auf Youtube: vor allem negative.
Ein nicht enden wollender Egotrip
Wer durch die erste Flut der Wortmeldungen scrollt, absolviert nicht nur einen Schnellkurs in aus den Boulevardzeitungen und den sozialen Medien kommenden Post-Megxit-Vorwürfen der vergangenen Jahre, sondern bekommt auch ein Gefühl dafür, wie die Meghan-und-Harry-Saga als zu widerstreitenden Deutungen herausfordernde Realityshow sich verselbständigt hat. Wird die Öffentlichkeit Zeuge eines nicht enden wollenden Egotrips? Oder der Befreiung zweier Philanthropen aus feindlichem Umfeld? Eher Ersteres, meinen bissige Sussex-Kritiker in der Trailer-Kommentarspalte und entwickeln eine stilisierte Form der ironischen Rezension, spekulativ auf die Doku oder den Werbespot gemünzt: „Ich liebe den Teil, in dem sie sagen, sie müssten ihre Familie schützen, aber Millionen von Netflix dafür bekommen, ihre Familie zu attackieren.“ „Ich liebe den Teil, in dem sie Stock-Fotos von einer Harry-Potter-Premiere und Bilder von Fotografen bei einem Katie-Price-Prozess verwenden“, heißt es weiter.
Tatsächlich fiel schnell auf, dass Netflix im Trailer Archivaufnahmen von Fotografenpulks aus anderen Zusammenhängen mit Aufnahmen des Herzogpaars zusammengeschnitten hatte, sodass der Eindruck entsteht, die Sussexes seien von eben dieser Pressemeute gejagt worden, was aber nur im übertragenen Sinne zutrifft. Der zweite, wenig später publizierte Trailer zeigt eine Kameraperspektive, aus der – so insinuieren Montage und Tonspur – gleichsam mit Geierblick das Paar und sein Sohn ins Visier genommen werden. Geschossen hat das Foto jedoch kein Paparazzo, sondern einer von drei akkreditierten Fotografen beim offiziellen Besuch Meghans und Harrys in der Residenz Bischof Desmond Tutus.
Auf beiden Seiten des Atlantiks wurde solcherlei genüsslich auseinandergenommen, ob in der „Megyn Kelly Show“, der „Daily Mail“, die jüngst bei einer juristischen Auseinandersetzung den Sussexes unterlag, oder auf Twitter. Als Lehrstücke des „Framings“ verwendeten die Trailer private Pärchenfotos von Meghan und Harry, Bilder einer medial belagerten Diana und von William und Kate mit versteinerten Mienen – zum Klang zerbrechenden Glases – als Bausteine der Erzählung: Hier sind zwei, die glücklich und guten Willens waren, aber von der britischen Presse verfolgt wurden wie Diana und von der königlichen Familie nicht geschützt in einem „schmutzigen Spiel“ mit rassistischem Foul Play.