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Serie „The Mayfair Witches“ : Dabei hätten wir die Hexe doch gern näher kennengelernt

Rowan Fielding (Alexandra Daddario), die Hauptfigur aus „Mayfair Witches“ Bild: Alfonso Bresciani/AMC

Die Serie „The Mayfair Witches“ nach Anne Rice verfolgt eine Hexenfamilie durch die Jahrhunderte. Leider jagt sie allzu schnell durch die Handlung.

          2 Min.

          Sie ist pädiatrische Neurochirurgin, lebt auf einem Boot, mit dem sie ab und zu fotogen vor der Golden-Gate-Bridge he­rumfährt und neigt zu wahllosen Kon­takten mit Männern, die sie in Kneipen ab­schleppt. Außerdem wurde sie als Säugling adoptiert, und ab und zu bekommt jemand in ihrer Nähe, auf den sie sehr, sehr wü­tend ist, einen Schlaganfall. Chefs zum Beispiel, die sie als Untergebene gerade runtermachen, fallen rätselhafterweise einfach um. Viel mehr weiß man nicht über diese junge Frau namens Rowan, und das ist für eine Hauptfigur ein Problem.

          Andrea Diener
          Korrespondentin im Main-Taunus-Kreis

          Eigentlich ist die Konstellation durchaus interessant, und Alexandra Daddario, die Rowan spielt, gibt sich große Mühe, ihr etwas Farbe zu verleihen – serienaffine Menschen kennen Daddario vielleicht aus „The White Lotus“, wo ihr frisch angetrauter Gatte penetrant darauf besteht, die Hochzeitssuite zu bekommen. Und eine Figur, die als Ärztin immer alle heilen will, und unfreiwillig tötet, die als Naturwissenschaftlerin übernatürliche Kräfte entwickelt, an die sie eigentlich gar nicht glaubt – das verspricht durchaus interessante Konflikte. Leider aber interessiert sich die Serienverfilmung der „Mayfair Witches“ nach den Romanen von Anne Rice – ihr „Interview mit einem Vampir“ wurde ja auch unlängst erst als Serie adaptiert – viel zu wenig für die eigene Protagonistin.

          Unübersichtliche Figurenkonstellationen

          Diese Rowan gerät nämlich bald in ei­nen Strudel aus Ereignissen und sehr, sehr vielen weiteren Personen. Zuerst stirbt ih­re geliebte Adoptivmutter an Krebs. Dann macht sie sich auf die Suche nach ihrer leiblichen Familie und gerät an eine äu­ßerst undurchsichtige Organisation, die den Adoptionsprozess einst eingefädelt hat und nun noch immer in einem Raum voller Holzschubladen verwaltet. In der übernatürlichen Branche arbeitet man an­scheinend noch analog.

          Offenbar, dämmert Rowan nach ein we­nig Recherche, entstammt sie einer langen Dynastie von Hexen, die von Schottland nach Amerika ausgewandert sind und sich dann in ihrem Stammhaus in New Orleans niederließen. Also reist Rowan nach New Orleans, weil sie ohnehin gerade keinen Job hat, und schaut mal, welche Verwandten da noch leben. Gleichzeitig beschließt Ciprien (Tongayi Chirisa) nach einem Blick in die Holzschubladen, sozusagen ihr Sachbearbeiter bei der undurchsichtigen Or­ganisation, sie zu beschützen.

          Dann ist da noch ihre Mutter Deirdre (Annabeth Gish), jahrzehntelang auf ei­ner beschaulichen Veranda unter Drogen gesetzt, die von einem zumindest in der gegenwärtigen Form recht gut aussehenden Gestaltwandler namens Lasher (Jack Huston) belästigt wird. Als Gadget fungiert eine geheimnisvolle Halskette, die die Trägerin an Lasher bindet. Außerdem treten mehrere tendenziell unsympathische Tanten und Onkel, Nichten und Neffen auf, und irgendwann in grauer schottischer Vorzeit mehrere Figuren, die Menschen mit Kräutern heilen, wenn sie nicht gerade als Hexen verbrannt werden. Man verliert leider schnell den Überblick. Vor allem aber verliert man die Lust, sich mit nur kurz aufleuchtenden und nie vertieften Charakteren zu befassen, was spätestens dann der Fall ist, als auch noch die leibliche Mutter gemeuchelt wird, für die man sich gerade zu interessieren begann.

          Wer ist Rowan?

          So strudeln die Ereignisse vor sich hin. In New Orleans ist dauernd Karneval, die Farben sind stets dunkel glühend, über allem liegt eine glamouröse Schäbigkeit, und die arme Rowan läuft da durch und weiß nicht recht, wie ihr geschieht. Als Zu­schauer weiß man das auch nicht, aber man könnte sich wenigstens mit Rowan identifizieren, wenn man sie besser kennen würde. Anscheinend ist sie unstet und bindungsgestört und zweifelt an allem, was um sie herum passiert, aber sie hat nicht recht Gelegenheit dazu, weil gleich schon wieder das nächste Kunstblut fließt.

          Die Autorin Anne Rice sollte die Serie zusammen mit ihrem Sohn, Christopher Rice, produzieren und bekam, so wird ge­munkelt, einen zweistelligen Millionenbetrag für den Verkauf ihres Roman-Imperiums an den Kabelsender AMC. Rice starb im Dezember 2021, wird aber noch als Produzentin der Serie aufgeführt. Eine zweite Staffel wurde bereits bestätigt.

          The Mayfair Witches startet heute um 20.15 Uhr auf Sky Atlantic.

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