„And just like that“ auf Sky : Wo sind all die Jahre hin?
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Carrie (Sarah Jessica Parker, Mitte) ist immer noch ein bisschen schriller gekleidet als alle anderen. Bild: Sky
In der Serie „And just like that“ treffen wir die Freundinnen aus „Sex and the City“ wieder und stellen fest: Sie sind zwar älter geworden, aber leider auch aus der Zeit gefallen.
Als wir Carrie, Miranda, Samantha und Charlotte zuletzt sahen, waren sie verheiratet, einige hatten Kinder, alle hatten interessante Berufe und Geld wie Heu. Im schrecklichen zweiten „Sex and the city“-Kinofilm von 2010 kicherten und kreischten sie sich durch Abu Dhabi und benahmen sich wie Karikaturen neureicher amerikanischer Touristinnen, so dass man sich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern konnte, worin eigentlich einmal das emanzipatorische Potential der Fernsehserie gelegen haben konnte.
Denn das hatte es unzweifelhaft einmal gegeben. Vier Freundinnen, die ohne Stutenbissigkeit zusammenhielten, offen über Männer und Sex redeten und alles was sonst noch wichtig war; die sich weder Mühe gaben, sich beim anderen Geschlecht anzubiedern, noch sonderlich als Role-Models für die Zuschauerinnen taugten – das war im Jahre 1998 wirklich neu und revolutionär. Die Serie filetierte das beliebte Genre der romantischen Komödie mit Happy End Stück für Stück, bis nichts mehr übrigblieb. Und Stück für Stück raubte sie ihren Protagonistinnen, die einst jung und idealistisch nach New York gekommen waren, die Illusionen. Diese bestanden vor allem darin, wohlhabend und beruflich erfüllt eine liebevolle Beziehung zu führen, die noch genug Raum lässt, regelmäßig mit den besten Freundinnen in teuren Restaurants zu sitzen oder Modeschauen zu besuchen. Sprich: nirgendwo Abstriche machen zu müssen, ohne sich allzu sehr zu verstellen.
Sie ist jetzt auch auf Insta
Nun treffen wir in der Nachfolgeserie „And just like that“ drei dieser Freundinnen wieder – es fehlt Kim Cattrall, die die ältere, stets paarungsbereite Samantha spielt, und sich hinter den Kulissen mehr oder minder öffentlich mit der Hauptdarstellerin Sarah Jessica Parker überworfen hat. Die fiktive Samantha lebt nun arbeitsbedingt in London, heißt es, ist wegen irgendwas beleidigt und taucht nur noch in Textnachrichten auf. Parkers Figur Carrie Bradshaw hat weiterhin die Hauptrolle inne und steuert, wie in „Sex and the City“, wieder die rahmende Erzählstimme bei. Charlotte (Kristin Davis) und Miranda (Cynthia Nixon) führen ihre Rollen bruchlos fort. Die Frauen sind nun Mitte fünfzig, ihre Kinder sind zu schlaksigen Teenagern herangewachsen, die Männer Harry (Evan Handler), Steve (David Eigenberg) und Mr. Big (Chris Noth) stehen als treusorgende Ehemänner und Väter an den Seiten ihrer Partnerinnen.
Was sich seit der Jahrtausendwende allerdings verändert hat, das ist die Welt um die Figuren herum. Die Pandemie, so erfahren wir gleich zu Anfang, ist vorüber, der Lockdown ausgestanden und die Abstandsregeln vergessen – bei Begrüßungen rücken einem die Küsschengeberinnen wieder unangenehm nah auf die Pelle. Auch die Medien haben sich verändert. Carrie ist nicht mehr ausschließlich Autorin und Kolumnistin, sondern auch auf Instagram und Gast in einem Podcast.
Dabei hatte man doch in die Hamptons fahren wollen
In Carrie Bradshaws New York, so hat man offenbar im vergangenen Jahrzehnt zur Kenntnis genommen, leben überraschenderweise auch schwarze Menschen, und die haben sogar Bildung und Geld. Und die jüngere Generation hat teilweise ein Verständnis von Geschlechtsidentität und Mode, das über besoffenes gleichgeschlechtliches Geknutsche und Oscar-de-la-Renta-Blümchenkleider hinausgeht, was die ältere Generation mitunter auf die harte Tour lernen muss. Charlotte in ihrer unverbrüchlichen Charlottehaftigkeit hat wenig Probleme damit, alle und jeden in ihre Arme zu schließen, aber gerade der feministischen Miranda werden derart peinliche Szenen ins Drehbuch geschrieben, dass man sich fragt, wo eine solche Unsicherheit bei dieser sonst immer im besten Sinne coolen Figur plötzlich herkommen soll. Man hat sich doch früher nie für Miranda schämen müssen! Jetzt allerdings belegt sie einen Kurs an der Universität bei einer schwarzen Juraprofessorin und stottert sich vor lauter politisch korrekter Verkrampfung unsouverän ins Abseits.