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TV-Kritik: Sandra Maischberger : Konfusion und Dauerschleife

  • -Aktualisiert am

Über allen Diskussionen bei Maischberger schwebt die Kanzlerin. Bild: WDR/Max Kohr

Sind die Volksparteien noch zu retten? Die Sendung von Sandra Maischberger lässt daran Zweifel aufkommen. Das lag aber auch an der Besetzung.

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          Vor etwa 15 Jahren wurden in der Bildungspolitik wichtige Zukunftsfragen beantwortet. Eine große Koalition aus Politik, Experten und Medien erkannte das Problem. Deutschlands Akademiker kommen viel zu spät auf den Arbeitsmarkt, sie gehen zu lange zur Schule und in die Hochschule. Im Vergleich zur europäischen Konkurrenz wäre das ein entscheidender Wettbewerbsnachteil. So wurde die Schulzeit in der gymnasialen Oberstufe um ein Jahr verkürzt.

          Die Hochschulen wurden zu Bildungsfabriken, deren Funktionslogik so zu beschreiben ist: den Studenten möglichst viel prüfungsrelevanten Stoff in möglichst kurzer Zeit zu vermitteln. Das Ergebnis war ein Desaster. Die Verkürzung der gymnasialen Oberstufe um ein Jahr wird auch mittlerweile rückgängig gemacht. Jetzt darf man sich natürlich eines fragen. Sollen Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag jetzt festlegen, wie die Zukunftsfrage des Umgangs mit der künstlichen Intelligenz in der Bildungspolitik aussehen soll? Diesen Vorschlag machte gestern Abend der „Stern“-Kolumnist Hans-Ulrich Jörges in der Sendung von Sandra Maischberger.

          Selbstaufgabe und Kapitulationserklärung

          Tatsächlich ist die beste Grundlage für die Bewältigung des technologischen Wandels woanders zu finden: Wenn die Schulen wieder die Grundqualifikationen namens Lesen, Schreiben und Rechnen vermitteln. Und die Kenntnis von Klassikern wie „Wilhelm Tell“ hilft den Schülern am Ende auch mehr beim Verständnis moderner Gesellschaften als der Reformeifer bildungsferner Technokraten. Das war schon immer das Erfolgsgeheimnis der Konservativen: Ihr Beharrungsvermögen, um wenigstens den größten Unsinn zu verhindern. Dafür braucht man noch nicht einmal eine Theorie. Davon konnte allerdings in den vergangenen Jahren nicht die Rede sein.

          Das Ergebnis ist Konfusion in allen politischen Lagern. In dieser Sendung kam sie gut zum Ausdruck, schon wegen der Besetzung. So war zwar nicht der von der „Bild“-Zeitung als SPD-Mitglied angemeldete Hund Lima zu Gast, dafür aber die Ministerin Katarina Barley und die Berliner Juso-Vorsitzende Annika Klose. Für die CDU die Staatsministerin Monika Grütters und die Publizistin Birgit Kelle. Mit dieser Konstellation sollte die jeweiligen innerparteilichen Debatten abgebildet werden. So leidet die SPD einer Frau Klose am Verlust ihrer linken Identität, während die CDU von Frau Kelle nach dem verloren gegangenen Konservativismus sucht.

          Das führte zu kuriosen Situationen. So sah Kelle im Koalitionsvertrag wohl nicht nur in der Familienpolitik die Selbstaufgabe der CDU. Dagegen ist der Eintritt in die Regierung beim gleichen Vertrag für Klose die Kapitulationserklärung der Sozialdemokraten. Beides kann nun nicht richtig sein. Oder hat Jörges recht? Er diagnostizierte in beiden Parteien einen programmatischen Offenbarungseid. Sie hätten schlicht „zu lange regiert.“ Barley und Grütters verkörperten dagegen die realpolitische Vernunft. Dieses Land braucht schließlich eine handlungsfähige Regierung. Weshalb auch Wolfgang Kubicki (FDP) entgegen seiner sonstigen Gewohnheit recht handzahm blieb. Schließlich hatte erst die FDP mit ihrer Weigerung, in die Regierung einzutreten, die heutige Konfusion erzeugt. Ansonsten würde sich die SPD immer noch mit ihrem Vorsitzenden Martin Schulz erneuern, und wäre Klose glücklich in der Opposition.

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