Gestiegene Preise : Produzentenallianz fordert Erhöhung des Rundfunkbeitrages
- -Aktualisiert am
Davon kann es nicht genug geben, meint die Gewerkschaft DJV: Bescheid über den Rundfunkbeitrag Bild: dpa
Aus der Zeit gefallen: Film- und TV-Produzenten fordern eine kurzfristige Erhöhung des Rundfunkbeitrags.
Die deutschen Film- und TV-Produzenten haben 2020 und 2021 mehr produziert als im Vor-Corona-Jahr 2019. Das war möglich, weil die TV-Sender mehr Aufträge vergaben, um die Filmwirtschaft zu unterstützen, und weil die Bundesregierung, die Bundesländer und Filmförderungsanstalten umfangreiche Hilfen zur Überwindung der Corona-Pandemie geleistet hatten. Auch 2022 sieht wieder nach einem Rekordjahr aus. So hat die ARD im Jahr 2020 insgesamt 857,1 Millionen Euro in Produktionen investiert. 2019 waren es 845,4 Millionen Euro. Das ZDF war mit mehr als 650 Millionen Euro auch 2021 der größte Einzelauftraggeber in der deutschen TV-Produktionswirtschaft. In diesem Jahr sollen Aufträge in Höhe von rund 700 Millionen Euro an die Branche vergeben werden.
Seit 2020 wurden mehr als 300 Millionen Euro an Corona-Zuschüssen für Produzenten, Kinobetreiber und Verleiher, inklusive beider Ausfallfonds, bereitgestellt. Die ARD, das ZDF und teilweise auch die privaten Sender schultern zudem bei Neuproduktionen 100 Prozent der Kosten für Corona-Schutzmaßnahmen. Zusätzlich werden im Schadenfall fünfzig Prozent der coronabedingten Mehrkosten bei jenen Produktionen übernommen, die nicht unter die Ausfallfonds I oder II fallen.
Trotz eines Wachstums an Produktionen und umfangreicher finanzieller Hilfe sind laut Produzentenallianz wegen zusätzlicher Kosten bei vielen Firmen die Erlöse gesunken. Insgesamt verzeichnet die Filmwirtschaft, also einschließlich der Kinos, 2021 laut Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes einen Umsatzrückgang von 39 Prozent gegenüber 2019. Allerdings steht diese Branche innerhalb der Kreativwirtschaft mit solch einem drastischen Einbruch nicht allein da: Bei den darstellenden Künsten betrug der Rückgang sogar 78 Prozent, bei der Musikwirtschaft 59 Prozent.
Belastung durch ungeplante Kosten
Jetzt befürchten die Produzenten nach Aussagen ihres Geschäftsführers Björn Böhning weitere ungeplante Kosten, die die etwa 900 Film- und Fernsehproduktionsfirmen in Deutschland erheblich belasten könnten. Dazu zählen gestiegene Energie- und Treibstoffpreise, zusätzliche Ausgaben für das „Green Shooting“ sowie höhere Gagen, die durch den zunehmenden Fachkräftemangel unumgänglich scheinen. Allein der Mehraufwand für die Stromversorgung unter anderem bei Dreharbeiten und für die notwendige Mobilität wird mit zehn bis fünfzehn Prozent veranschlagt.
Wie aus Kreisen der Produzentenallianz zu hören ist, soll dieses Problem mit einer zusätzlichen, kurzfristigen Erhöhung des Rundfunkbeitrages gelöst werden. Man habe Kontakt zum Kef-Vorsitzenden Martin Detzel aufgenommen und hoffe auf einen Sonderbericht. Abgesehen davon, dass die Bundesländer einen solchen Sonderbericht beauftragen müssten und eine „außerordentliche“ Beitragserhöhung nicht in das gesetzliche System der Beitragsfestsetzung durch die Kef passt, ist ein solches Vorhaben mehr als ungewöhnlich. Angesichts einer Inflationsrate von nahezu acht Prozent, die sowohl die Bevölkerung als auch die gesamte Wirtschaft belastet, soll nun durch ein „Sonderopfer“ aller Bürger eine einzelne Branche alimentiert werden. In einem Gespräch mit dieser Zeitung hatte Martin Detzel im April klargestellt, dass das Kef-Verfahren „keine Wünsch-dir-was-Veranstaltung“ ist.
Der Rundfunkbeitrag dient verfassungsrechtlich ausschließlich der bedarfsgerechten Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Sender und ist keine Wirtschaftsförderung. Wenn die Produzenten bei ihren Projekten finanzielle Probleme sehen, müssen sie sich damit an die Auftraggeber, beispielsweise die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, wenden und nicht an die Kef. Der Rundfunkbeitrag ist 2021 um 3,8 Prozent auf 8,42 Milliarden Euro angewachsen, nachdem er bereits im Vorjahr um rund 43 Millionen Euro zulegte. Zudem sei daran erinnert, dass der Aufwand für das Programm von 2021 bis 2024 laut Kef bei nur 44,5 Prozent der gesamten Ausgaben liegt. Hier ist also noch Spielraum, entweder die Budgets für Auftragsproduktionen zu erhöhen oder noch strengere Programmprioritäten auch unter Kostengesichtspunkten zu setzen.
Man stelle sich vor, die Fußball-Bundesliga, die durch die Corona-Pandemie und die aktuelle Kostenexplosion ebenfalls wirtschaftliche Sorgen hat, fordert eine Erhöhung des Rundfunkbeitrages, damit ARD und ZDF mehr für die Übertragungsrechte zahlen können. Sicher ist der Vergleich nicht ganz stimmig, aber eine solche Überlegung wäre genauso aus der Zeit gefallen wie die der Produzenten.