Reinhold Beckmann im Gespräch : Kuhhandel ohne mich
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Reinhold Beckmann Bild: dpa
Warum er seine Talkshow abgibt, was er von der Konkurrenz hält, wie es weitergehen soll und woran er sich gern erinnert: Im Gespräch schaut Reinhold Beckmann nach vorn, zurück und zur Seite.
Herr Beckmann, wir haben gehört, Sie geben Ihre Talkshow ab. Warum?
Ich bin der Debatten über Sinn oder Unsinn der politischen Talkshows in der ARD einfach müde. Das endlose Gequatsche über zu viel Gequatsche. Und das zumeist nur auf dem Niveau reiner Zahlenberichterstattung, ohne eine inhaltliche Bewertung. Deshalb bin ich vor drei Wochen zum Intendanten des Norddeutschen Rundfunks Lutz Marmor gegangen, der Programmdirektor war auch dort, und habe meine Entscheidung mitgeteilt. Die beiden waren zuerst etwas erschrocken, aber dann auch etwas entspannt. Ich hatte den Eindruck, ich löse ihnen ein ARD-internes Gerangel um zu viel Talk im Ersten.
Sie haben dem Intendanten die Entscheidung abgenommen, welche Talkshow er streichen muss.
Ja. Ich hatte den Eindruck, die beiden waren ganz dankbar über meinen Vorschlag.
Für diese Dankbarkeit werden Sie sich aber bedanken. Ich bin dann mal weg, und alle atmen auf?
Mal schauen. Vielleicht beendet ja mein Entschluss die ständigen Auseinandersetzungen zwischen den Sendern über zu viel Gerede. Ich weiß, in welchem politischen Konflikt sich Lutz Marmor als Intendant des NDR und Vorsitzender der ARD befindet. Spätestens als der Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks sich vor ein paar Wochen die Forderung des BR-Intendanten Ulrich Wilhelm zu eigen gemacht hat, aus fünf politischen Talkshows im ersten Programm müssten drei werden, war klar, in welche Richtung das läuft. Es gab ja auch zuvor schon immer wieder diese Forderung.
Aus der Gleichung aus fünf mach drei ziehen Sie die Konsequenz und reduzieren das Rennen auf vier.
Ich will nicht Gegenstand eines senderpolitischen Ablass- oder Kuhhandels werden, wo keiner weiß, was am Ende rauskommt. Ich habe nur den Verdacht, da zählt nicht unbedingt die redaktionelle Qualität, sondern welcher Sender wie viele Talkshows im Ersten hat. Der NDR hat drei, der WDR hat zwei. Dann wird man noch gewichten, wie viele Frauen, wie viele Männer moderieren. Das ist ein Abzählreim. Da wollte ich nicht mitverrechnet werden. Der Intendant und der Programmdirektor waren über meine Entscheidung vielleicht überrascht. Aber ich fühle mich gut und werde etwas Neues im Ersten machen.
Ihr Rückzug in allen Ehren. Aber sollte die Frage, wie viele und welche Talkshows die ARD braucht, nach einer derart schlichten Gleichung gelöst werden? Zwei hier, zwei da, zwei Frauen, zwei Männer?
Wir haben in unserer Sendung immer versucht, einen Unterschied kenntlich zu machen. Das gelingt nicht immer, das ist uns auch nicht in jeder Sendung gelungen. Aber ich denke, dass wir in den letzten zwölf Monaten noch an Qualität zugelegt haben. Wir haben uns nicht an die Quote angebiedert. Wir haben auf Inhalte gesetzt und versucht, die dickeren Bretter zu bohren. Ich habe meiner Redaktion immer gesagt: Macht euch frei vom Quotendiktat. Aber ich habe natürlich auch gemerkt, wie sich einige in der ARD darüber Gedanken gemacht haben, dass wir keine zweistelligen Marktanteile mehr erreicht haben.